Internationalisierung von Studiengängen
Andreas Schwill, Universität Potsdam
Seit einigen Jahren werden öffentliche Diskussionen um die Hochschulen
in Deutschland von einer Vielzahl von Stichwörtern beherrscht, darunter
Profilbildung, Internationalisierung, Credit Point, ECTS, Bachelor, Master,
Evaluation, Ranking, postgraduales Studium, Autonomie, Controlling, Strukturreform,
Qualität u.v.m. Das geballte Auftreten dieser Begriffe und die aktionistischen
Tendenzen, die von ihnen ausgehen, vermitteln nach außen den Eindruck
eines völlig darniederliegenden Hochschulsystems in Deutschland.
Da Informatik und Informationstechnologie wegen ihrer besonderen Bedeutung
für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die zukünftige Gesellschaft
national wie international besonders im Wettbewerb und im Blickfeld der
Öffentlichkeit stehen, wirken sich Defizite ggf. hier besonders gravierend
aus. Nahezu alle Informatikfachbereiche Deutschlands haben bereits auf
die neuen Herausforderungen reagiert und ihre Studienangebote entsprechend
der neuen Rahmenbedingungen fortgeschrieben.
Wir wollen in der folgenden Serie von Beiträgen die aktuellen Tendenzen
der Hochschulstrukturreform vorstellen und eine Reihe dieser Begriffe,
jeweils mit Bezug zur Informatik, erläutern und den Informatiklehrkräften
so ermöglichen, Entwicklungen bei der Planung des Informatikunterrichts
zu berücksichtigen und eine gewisse Beratungsfunktion wahrzunehmen,
wenn - wie zu erwarten ist - mehr und mehr Fragen zu diesem Komplex und
zur Wahl des Studienfachs Informatik von den Schülern an sie herangetragen
werden.
Der erste Beitrag befaßt sich mit den Ursprüngen und Maßnahmen
der Internationalisierungsbestrebungen im Hochschulbereich.
Hintergründe und Defizite des Hochschulstandorts Deutschland
Wesentlicher Ausgangspunkt für die in dieser Artikelserie vorgestellten
Konzepte und Anstrengungen zur Hochschulreform ist eine gemeinsame Presseerklärung
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie,
Jürgen Rüttgers, und des Bundesministers des Auswärtigen,
Klaus Kinkel, vom Mai des Jahres 1996. Darin wird ein Maßnahmenpaket
zur Steigerung der Attraktivität des Wissenschafts- und Studienstandorts
Deutschland im internationalen Wettbewerb vorgestellt [13]. Im Dezember
1996 verabschiedeten der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten
eine Gemeinsame Erklärung zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
des Studienstandortes Deutschland [5]. Schließlich wurden mit
der Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes 1998 [6] die gesetzlichen
Grundlagen für die Strukturreform geschaffen.
Eine Vielzahl von Gründen für die schwindende Konkurrenzfähigkeit
deutscher Hochschulen im internationalen Vergleich wurde damals angeführt
[3]:
-
Die Zahl der Interessenten aus dem Ausland, die zu einem Studium nach Deutschland
kommen wollen, ist zu gering. So ist z.B. die Zahl der Studierenden aus
der wirtschaftlich dynamischsten Region der Welt, dem asiatisch-pazifischen
Raum, mit Ausnahme von Chinesen und Koreanern über die letzten 20
Jahre kaum angestiegen und zum Teil sogar zurückgegangen. Im Gegensatz
dazu ist im selben Zeitraum die Gesamtzahl der Studierenden dieser Länder
sowie die Zahl ihrer Auslandsstudenten deutlich angestiegen.
Allerdings ist nicht allein die Hochschulstruktur, sondern auch die
restriktive Ausländerpolitik für das Dilemma mitverantwortlich.
Mehr noch ist das deutsche Hochschulsystem in der Vergangenheit - u.a.
Folge der chronischen Unterfinanzierung - systematisch geschwächt
worden, und gerade dies wird nun als Begründung für Reformen
herangezogen. Dazu K. Reumann in der FAZ [15] treffend: "der gute Ruf ...
wird beschädigt, wenn Eiferer die Notwendigkeit von Reformen mit dem
falschen Argument rechtfertigen, die Hochschulen pfiffen auf dem letzten
Loch. Diese Diffamierung ist einer von mehreren Gründen, dass weniger
Ausländer in Deutschland Ingenieurwissenschaften studieren, als es
die Güte der Ausbildung erwarten lässt".
Ausländischen Studenten wird vor allem deshalb eine so hohe Bedeutung
beigemessen, weil über sie bei Rückkehr in die Heimat nicht nur
ein Export von Know-How, sondern auch von Sprache, Kultur und persönlichen
Beziehungen stattfindet, der langfristig zu wirtschaftliche Vorteilen führt.
-
Die durchschnittlichen Studienzeiten bis zu einem ersten berufsqualifizierenden
Abschluß sind zu lang (7,1 Jahre an Universitäten, 5,0 Jahre
an Fachhochschulen), die Absolventen mit durchschnittlich 28,9 Jahren (1980:
27,1 Jahre) zu alt. Diese Studiendauer für einen ersten berufsqualifizierenden
Abschluß an Universitäten ist vor allem für ausländische
Studieninteressenten abschreckend, da in diesem Zeitraum an Hochschulen
im angelsächsisch geprägten Bereich bereits die Abschlüsse
"Bachelor" und "Master" problemlos und verläßlicher kalkulierbar
erreicht werden können. Hinzu kommt das Sprachproblem. Selbst die
Gebührenfreiheit des Studiums an deutschen Hochschulen kann dieses
Defizit offenbar nicht kompensieren.
Die Verlängerung der Studiendauer ist sicher auch ein Ergebnis
der nahezu zum Erliegen gekommenen Bafög-Förderung; die überwiegende
Mehrheit der Studenten ist gezwungen, zur Finanzierung des Studiums einer
Nebenbeschäftigung nachzugehen.
-
Während das deutsche Studiensystem zu Beginn des letzten Jahrhunderts
noch international anerkannt war, haben sich seither die Ausbildungssysteme
vieler Länder an dem angelsächsischen Modell mit der inhaltlich
wie zeitlich klarer gegliederten Abfolge "Bachelor", "Master", "PhD" ausgerichtet.
Dieses System ist heute am akademischen Weltmarkt dominierend. Die vorherrschenden
deutschen Abschlüsse "Diplom" und "Doktor" sind mit diesem Studiensystem
nicht hinreichend kompatibel.
-
Die Studien- und Prüfungsorganisation, insbesondere an Universitäten,
ist verbesserungsbedürftig. Studierenden fehlen Führung, Betreuung
und Leistungshinweise. Viele ausländische Staaten haben ein verbindliches
und durchschaubares "Credit Transfer System" (Bewertung von Teilstudienleistungen
nach Leistungspunkten; problemlose Anerkennung von anderswo verbrachten
Studienabschnitten; s.u.). Ein solches System kennen deutsche Hochschulen
bisher überwiegend noch nicht. Studienabschnitte von Ausländern
in Deutschland sowie von Deutschen im Ausland sind daher im Hinblick auf
die Anerkennung im jeweiligen heimischen System nicht überschaubar.
-
Die Studienabbrecherquote ist zu hoch, sie beträgt im Gesamtdurchschnitt
über 25% und liegt an Universitäten deutlich höher als an
Fachhochschulen. Das Hauptproblem ist jedoch weniger die Höhe der
Quote, sondern der oft erst späte Zeitpunkt des Abbruchs, wobei als
Gründe häufig Weltfremdheit, Theorie und Abstraktheit der vermittelten
Inhalte genannt werden.
-
Gegenüber einer Praxis- und Berufsbezogenheit des Studiums überwiegt
an Universitäten immer noch die Forschungsausrichtung.
-
Eine systematische Evaluation von Lehre und Forschung und darauf aufbauende
Qualitätssicherungsverfahren finden an deutschen Hochschulen - im
Gegensatz zu etablierten Verfahren in anderen europäischen Ländern
- erst in Ansätzen statt.
-
Die Mittelzuweisung an Hochschulen erfolgt primär noch nach Kopfzahlen,
kaum
nach leistungsbezogenen Kriterien.
-
Die Leitungs- und Managementstrukturen der Hochschulen entsprechen nicht
den betriebswirtschaftlichen Anforderungen, die heute an die effiziente
Führung eines Dienstleistungsbetriebs dieser Größenordnung
zu stellen sind (Beispiel: Der Jahresetat der RWTH Aachen bewegt sich in
ähnlicher Größenordnung wie der Etat der Stadt Aachen).
Maßnahmenbündel zur Verbesserung des Hochschulstandorts Deutschland
Folgende Maßnahmen bilden die tragenden Pfeiler der Strukturanpassungen
und sind bereits an vielen Hochschulen (Fachhochschulen und Universitäten)
in der Entwicklung oder realisiert:
Bachelorstudiengang
Zur Verkürzung der Studienzeit, zur Verringerung der Zahl der Studienabbrecher
ohne berufsqualifizierenden Abschluß und zur Erhöhung der Kompatibilität
im internationalen Raum dient der neue Studienabschluß des Bachelor/Bakkalaureus,
der für die Informatik mit dem Zusatz "of Science"/"of Computer Science"/"Informatik"
o.ä. und ggf. der Hochschule versehen wird, an der er erworben wurde.
Letzteres orientiert sich an internationalen, insbes. nordamerikanischen
Usancen, nach denen wegen der erheblichen Qualitätsunterschiede dort
vergebener Bachelorgrade erst der Name der Universität Rückschlüsse
auf den Wert des Grades liefert.
Nach Empfehlungen des Wissenschaftsrates [11] dauert das Bachelorstudium
mindestens 6 und höchstens 8 Semester. Es führt zu einem ersten
berufsqualifizierenden
Abschluß, der die Absolventen befähigt, die wissenschaftlichen
Methoden des Faches anzuwenden, eine fachlichen Systematik und Begrifflichkeit
ausbildet, sowie die Fähigkeit vermittelt, fachübergreifende
Zusammenhänge zu erkennen. Dazu soll in den Studiengängen vor
allem die Vermittlung transferfähigen Grundwissens und von Schlüsselqualifikationen
betont werden. Ferner soll es die Absolventen befähigen, sich in einem
zweiten Studienabschnitt unmittelbar anschließend (Masterstudium)
oder später innerhalb oder außerhalb der Hochschule, auch während
der Berufstätigkeit, kontinuierlich fort- oder weiterzubilden.
Vom Diplom hebt sich der Bachelor vor allem durch seine stärkere
Anwendungs- und Berufsorientierung zu Lasten der Forschungsorientierung
ab; ferner wird in den Studiengängen meist auf eine Zwischenprüfung
(Vordiplom) sowie auf die Anfertigung einer umfangreichen Abschlußarbeit
analog zur Diplomarbeit verzichtet. Eine Unterteilung in Grund- und Hauptstudium
entfällt (Abb. 1).
Abb. 1: Struktur und Dauer von Bachelor-, Master-, Diplom- und Promotionstudiengang
Masterstudiengang
Nach erfolgreichem Abschluß eines Bachelorstudiums, ggf. nach einer
zwischenzeitlichen Berufstätigkeit, kann ein Masterstudium im Umfang
von 2-4 Semestern aufgenommen werden.
Das Masterstudium ist oft forschungsorientiert; dann bescheinigt der
erfolgreiche Abschluß (Master of Science/Master of Computer Science
o.ä.) den Erwerb zusätzlicher und vertiefter Kenntnisse und Fähigkeiten
für eine berufliche Praxis in Forschung und Entwicklung und einen
Beitrag zur wissenschaftlichen Erkenntnis durch Anfertigung einer Forschungsarbeit
(Masterarbeit).
Eine andere Orientierung des Masterabschlusses können die postgradualen
Studiengänge (s.u.) bieten.
Der Masterabschluß schließt in der Regel das Diplom ein.
Diese neue Gliederung der Abschlüsse in der Form Bachelor/Master/Diplom
hat jedoch nur Sinn, wenn das Masterstudium nach Erwerb des Bachelors oder
Diploms nicht zum Regelfall wird. Daher wird den Hochschulen die Möglichkeit
eröffnet, den Zugang zum Masterstudium zu beschränken oder von
fachlichen und inhaltlichen Voraussetzungen, insbesondere der Qualität
des Bachelorabschlusses, abhängig zu machen.
Das Diplom wird in diesem Spannungsfeld eine Zwischenstellung einnehmen:
Mit ihm verbindet sich das Bild eines Absolventen, der sich durch seine
inhaltliche Breite verbunden mit einzelnen forschungsnahen Spezialisierungen
sowohl für leitende Aufgaben in Wirtschaft und Verwaltung als auch
für die Forschung qualifiziert hat.
Leistungspunkte/Credit points
Im traditionellen Prüfungssystem schließen Grund- und Hauptstudium
jeweils mit einer großen Blockprüfung ab, zu der man aufgrund
mehr oder weniger umfangreicher Vorleistungen, bescheinigt durch Leistungsnachweise
("Scheine"), zugelassen wird. Dieses Verfahren ist ungeeignet, um die vielfältigen
Formen, nach denen aktuell studiert wird, zu erfassen: Vollzeit-/Teilzeitstudium,
Hochschulwechsel, Fachwechsel, Wiederaufnahme des Studiums nach Unterbrechung/Berufstätigkeit/Babyjahr,
Auslandssemester u.v.m. Probleme sind u.a. die Sicherstellung von erworbenen
Zwischenresultaten, die Bereitstellung von Prüfern für früher
einmal aufgenommenen Stoff, die Kompatibilität zwischen Studiengängen
national und international usw. Durch das Leistungspunktesystem werden
die Blockprüfungen durch studienbegleitende Prüfungsleistungen
ersetzt. Entsprechend werden aus den Prüfungsordnungen der
Studiengänge Graduierungsordnungen.
Das Modell im Überblick: Mit jeder Veranstaltung können
Leistungspunkte
(credit points, Bonuspunkte) erworben werden. Dazu schließt
jede Veranstaltung mit einer benoteten Prüfung ab, die vielfältige
Formen haben kann (mündlich, Klausur, Projekt, Vortrag o.ä.,
oder Kombinationen davon). Bei erfolgreichem Abschluß werden auf
dem Leistungspunktekonto Punkte gutgeschrieben, deren Höhe sich nach
dem Umfang der Veranstaltung richtet. Als geeignet (in Relation zu national
und international gebräuchlichen Veranstaltungsformen und Stoffumfängen)
werden 1,5 Punkte je Semesterwochenstunde der Veranstaltung angesehen.
Hinzu kommt die erworbene Einzelnote. Bei Nichtbestehen der Prüfungsleistung
werden von einem Guthabenkonto, das für jeden Student zu Beginn des
Studiums angelegt wird, Punkte im gleichen Umfang abgezogen (Maluspunkte).
Hiermit wird die Möglichkeit von Wiederholungsprüfungen nachgebildet:
Reicht das Guthaben zum erfolgreichen Abschluß des Studiums nicht
mehr aus, ist das Studium endgültig nicht bestanden, und der Student
wird exmatrikuliert. Sobald das Leistungspunktekonto den erforderlichen
Stand erreicht hat, ist das Studium erfolgreich beendet. Die erworbene
Note ergibt sich durch ein mit den jeweils zugehörigen Leistungspunkten
gewichtetes Mittel der Einzelnoten.
Die Vorteile dieses Verfahrens werden vor allem in folgendem gesehen:
-
Es findet keine Konservierung von Lehrinhalten bis zur späteren Prüfung
statt. Zugleich wird eine konstante Arbeitsweise belohnt.
-
Durch ein sichtbares und quantifizierbares Vorankommen innerhalb des Studiums
erhöhen sich Motivation und Leistungsanreiz.
-
Das Studium läßt sich, da einmal erworbene Punkte gesichert
sind, besser an die persönliche Lebensplanung anpassen. Die Wiederaufnahme
des Studiums nach Unterbrechungen ist leicht möglich.
Nationale und internationale Vereinbarungen über die Anrechnung von
Studienleistungen sichern umfassende Freiheiten bei Wahl und Wechsel des
Studienortes unter Erhalt aller bisher erbrachten Studienleistungen. Favorisiert
werden hier vor allem auf europäischer Ebene das European Credit
Transfer System ECTS [12] und national innerhalb der Informatik das
vom Fakultätentag Informatik vorgeschlagene Kreditpunkte-Akkumulierungs-
und -Transfersystem
KATS [14].
Als Beispiele, in denen eine Reihe dieser Konzepte umgesetzt wurden,
seien die Entwürfe der Studien- und Graduierungsordnung des Instituts
für Informatik der Universität Postadm genannt [16].
Veranstaltungen in Englisch
Eine Reihe von Fachbereichen ist dazu übergegangen, Teile des Studiums,
insbesondere in den Masterstudiengängen, ganz oder teilweise in englischer
Sprache abzuhalten. Oftmals wird bei Dozenten und Hörern von Lehrveranstaltungen
die Kenntnis der deutschen Sprache grundsätzlich nicht mehr vorausgesetzt.
Beispielhafte Maximen für die Wahl der Vorlesungssprache (so beim
Studiengang Softwaresystemtechnik der Universität Potsdam [9]): Der
(ausländische) Dozent wählt, ob er Deutsch oder Englisch vorträgt;
spricht jemand im Auditorium kein Deutsch, wird die Veranstaltung in Englisch
durchgeführt.
Postgraduales Studium
Im boomenden Bildungsmarkt nimmt nicht nur die Erstausbildung einen breiten
Raum ein; vielmehr kommt der Fort- und Weiterbildung eine wachsende Bedeutung
zu. Dies wird zu einer Vielzahl neuer Studiengänge führen, die
ebenfalls oft mit einem Masterabschluß enden. Gegenüber dem
o.g. forschungsorientierten Masterabschluß, der in der Regel an ein
Fach angebunden und von dessen Gegenständen geprägt ist, werden
sich die prostgradualen Masterstudiengänge vor allem an aktuellen
Berufsfeldern orientieren, in hohem Maße interdisziplinär und
gebührenpflichtig (!) sein. Um akzeptiert zu werden, müssen diese
Studiengänge relativ schnell aktuellen Entwicklungen angepaßt
und flexibel um neue Inhalte ergänzt werden. Beispiel für einen
Studiengang in dieser Kategorie ist der Masterstudiengang Public Management
an der Universität Potsdam [10].
Erste Erfolge des Maßnahmenkatalogs
Nach [1,2,7] hat sich die Zahl ausländischer Studierender an deutschen
Hochschulen im WS 1998/99 von 146.000 im WS 1995/96 auf ca. 166.000 erhöht.
Der Anstieg um rd. 14% innerhalb von drei Jahren belegt den Erfolg der
eingeleiteten Maßnahmen. Dazu beigetragen haben auch eine verbesserte
Ausländergesetzgebung und soziale und fachliche Betreuung ausländischer
Studierender, z.B. durch ein "Servicepaket" des Deutschen Studentenwerkes
[8], das Unterbringung, Verpflegung, Semesterbeitrag und Betreuung umfaßt,
und erhöhte Marketinganstrengungen aller Beteiligten für den
Wissenschaftsstandort Deutschland.
Insgesamt ist der Anteil ausländischer Studienanfänger in
den Jahren von 1975/76 bis 1998/99 von 7% auf 17% gestiegen.
Was bringt die Zukunft?
-
Bachelor und Master, die neue Offenheit allgemein, Studiengänge nach
internationalen Usancen zu gestalten, sind grundsätzlich zu begrüßen.
Flexibilität und Angebot werden steigen, und Angebot schafft Nachfrage:
So werden neuartige Studiengänge, wie sie in der Informatik und anderen
Fächern derzeit vermehrt angeboten werden, überdurchschnittlich
nachgefragt.
-
Auch Fachhochschulen werden Bachelor- und Masterabschlüsse anbieten
und dadurch von Universitäten weniger deutlich unterscheidbar.
-
Vermehrte Angebote erfordern jedoch gleichzeitig einen besonders mündigen
Verbraucher (Studenten), der in der Lage ist, sich detailliert und umfassend
zu informieren und zwischen guten und schlechten Produkten zu unterscheiden.
Das zeigt das Beispiel USA, wo zwischen den Universitäten erhebliche
Qualitätsunterschiede existieren und ein Bachelorabschluß, der
je nach Universität selbst schon wieder gegliedert ist in einen Bachelor
"general" und den höherwertigen Bachelor "honours", zunächst
überhaupt nichts über die Qualifikation des Bewerbers aussagt.
Insoweit gibt es das immer wieder zitierte angelsächsische System
gar nicht, und die Suche nach der sog. Kompatibilität und Vergleichbarkeit
der Abschlüsse ist Illusion.
Bei der Auswahl einer Hochschule und eines Studiengangs wird der Bewerber
nur zum Teil durch sog. Akkreditierungsagenturen unterstützt,
das sind unabhängige Gremien, die Studiengänge prüfen und
mit einem Gütesiegel versehen, das aber nicht viel mehr aussagt, als
das der Studiengang/die Universität gewisse Minimalanforderungen erfüllt.
Ein Qualitätsbeweis ist dieses Siegel aber nicht. Vielmehr gibt es
im nordamerikanischen Raum Universitäten, die bewußt auf das
(sehr kostspielige und zeitintensive) Akkreditierungsverfahren verzichten,
denn sie sind ohnehin Spitze, werden stark nachgefragt und können
sich ihre Bewerber aussuchen.
Über das Akkreditierungsverfahren wird in einem der folgenden
Artikel dieser Serie noch berichtet.
-
Bachelor und Master werden nur Erfolg haben, wenn sie durch die Wirtschaft
auch national akzeptiert werden und sich die zugehörigen Berufsfelder
entwickeln. Zur Zeit ist dies noch nicht erkennbar.
-
Der Wettbewerb der Universitäten untereinander und um hochwertige
Bewerber wird zu einer Fülle von relativ kurzlebigen postgradualen
Studiengängen führen. Diese Studiengänge werden einen erheblichen
Teil zu den Drittmitteleinnahmen der Hochschulen beitragen.
Literatur
[1] |
J. Hahlen: Die Hochschulwelt in Zahlen, Forschung&Lehre, Heft 1
(2000) 23-25 |
[2] |
J. Hahlen: Statement von Präsident Johann Hahlen zur Pressekonferenz
"Hochschulstandort Deutschland", Statistisches Bundesamt 1997
<http://www.statistik-bund.de/presse/deutsch/pm/hschul.htm> |
[3] |
BMBF: Hochschulen für das 21. Jahrhundert - Diskussionspapier
zur geplanten Novelle des Hochschulrahmengesetzes, 1997
<http://www.hrz.th-darmstadt.de/fsmathe/hopo/BMBF.HRG-Novelle.1-97.html> |
[4] |
Hochschulrektorenkonferenz: Attraktivität durch internationale
Kompatibilität, 1996
<http://www.hrk.de/texte/archiv/entschliessungen/Plen179_3.htm> |
[5] |
KMK: Bericht "Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
des Studienstandortes Deutschland", 1996 (1. Bericht), 1997 (2. Bericht),
1999 (3. Bericht) |
[6] |
Hochschulrahmengesetz in der Fassung v. 20.8.1998
<http://www.bmbf.de/deutsch/veroeff/gesetze/hrg.htm> |
[7] |
Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung: Deutschland international
als Studienstandort wieder attraktiver, Pressemitteilung 34/1999 v. 25.10.1999
<http://www.blk-bonn.de/presse99-34.htm> |
[8] |
Studentenwerk Potsdam: Service-Paket für ausländische Studierende
<http://www.studentenwerk.potsdam.de/wohnen.html#servicepaket> |
[9] |
Universität Potsdam: Studiengang Softwaresystemtechnik
<http://www.hpi.uni-potsdam.de/studium.html> |
[10] |
Universität Potsdam: Studiengang Public Management
<http://www.uni-potsdam.de/u/mpm> |
[11] |
Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Einführung neuer Studienstrukturen
und -abschlüsse (Bakkalaureus/Bachelor - Magister/Master) in Deutschland,
2000
<http://www.wissenschaftsrat.de/texte/4418-00.pdf> |
[12] |
Die Europäische Kommission: ECTS - European Credit Transfer System,
<http://europa.eu.int/comm/education/socrates/ects.html> |
[13] |
Bundesregierung: Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität
des Wissenschafts- und Studienstandorts Deutschland im internationalen
Wettbewerb, Pressemitteilung 1996
<http://www.bundesregierung.de/05/0511/jahrb96/t01926.htm> |
[14] |
Fakultätentag Informatik: Beschlußvorlage zum European Credit
Transfer System (ECTS), 1998
<http://www.ft-informatik.de/protokolle/prot50-KA-98_Anlagen.pdf> |
[15] |
K. Reumann: Bachelor, Master, Diplom - Wildwuchs und Traditionstreue
an deutschen Hochschulen, Frankfurter Allgemeine, 04.03.00 |
[16] |
Universität Potsdam: Entwürfe der Ordnungen für
die Studiengänge Informatik, 1999
<http://www.cs.uni-potsdam.de/stud_info/sto_bama.htm>
<http://www.cs.uni-potsdam.de/stud_info/po_ba.htm>
<http://www.cs.uni-potsdam.de/stud_info/sto_dipl.htm>
<http://www.cs.uni-potsdam.de/stud_info/po_dipl.htm> |
Wichtige Informationsquellen:
Hochschulrektorenkonferenz: http://www.hrk.de
Bundesministerium für Bildung und Forschung: http://www.bmbf.de
Kultusministerkonferenz: http://www.kmk.org
Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung: http://www.blk-bonn.de
Zeitschrift Forschung&Lehre: http://www.forschung-und-lehre.de
Wissenschaftsrat: http://www.wissenschaftsrat.de
Fakultätentag Informatik: http://www.ft-informatik.de
Adresse
Prof. Dr. Andreas Schwill
Lehrstuhl für Didaktik der Informatik
Universität Potsdam
Postfach 60 15 53
14415 Potsdam
Email: schwill@cs.uni-potsdam.de
WWW: http://didaktik.cs.uni-potsdam.de
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