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Während der Einsatz von Kryptographie, wie er beispielsweise im Bankwesen notwendig ist, außer Frage steht, fürchten die Behörden durch die Verschlüsselung von E-Mails, Telefongesprächen oder sonstigen Nachrichten um ihre Abhörmöglichkeiten.
Außerdem ist zwar der Export der Software an sich verboten, nicht jedoch der Export gedruckter Quelltexte. Daher gibt es inzwischen auch europäische PGP-Version, deren Quelltexte legal in Buchform importiert und in Europa eingescannt und compiliert wurden.
Als einziges demokratisches Land, das Kryptographie für Privatpersonen quasi total verbietet, steht Frankreich da. "Ein Gesetz vom 29. Dezember 1990 erlaubt dort elektronische Verschlüsselung nur auf Genehmigung, Privatpersonen wird sie jedoch nicht erteilt."
Wichtige Argumente gegen Einschränkungen der Anwendungen von Kryptographie kommen von Seiten der Wirtschaft. Der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) bemerkt hierzu beispielsweise, ein "derartiges Vorgehen stände in keinem Einklang mit den Wirtschaftsinteressen, da man Datenübertragungen vor Dritten sicher schützen müsse." Insbesondere steht diese Meinung auch gegen die Forderung des Bundesinnenministers Kanther, bei Verwendung von starken kryptographischen Verfahren sollten die Schlüssel "sicher hinterlegt" werden, da dies eine große Gefahr darstellt, sobald die hinterlegten Schlüssel in falsche Hände geraten.
Durchführbarkeit nicht gewährleistet
Neben der Befürchtung, daß ein Kryptographieverbot oder entwendete Schlüssel der Wirtschaftsspionage dienen könnten, gilt es zu bedenken, daß eine Regulierung der Kryptographie auch vielfach nicht durchführbar scheint.
Würde man sich beispielsweise für eine Regelung entscheiden, die nur die Benutzung bestimmter schwacher kryptographischer Algorithmen erlaubt, könnte man die Anwendung verbotener, starker Kryptoverfahren dadurch verschleiern, daß man die Chiffrate starker Verfahren nachträglich mit einem erlaubten Algorithmus überschlüsselt. Eine derartige Vorgehensweise wäre nur dann zu enttarnen, wenn wirklich alle Nachrichten von der überwachenden Stelle entschlüsselt würden; ein Unterfangen, daß sehr viel Zeit und Steuergelder verschlingen würde.
Aber auch falls es zu einem totalen Kryptographieverbot kommen würden, könnte man den Einsatz starker Kryptologie dennoch tarnen. Das Verfahren der Steganographie ermöglicht es, beliebige Mitteilungen in Bildern (z.B. durch subtile Farbveränderungen in einzelnen Bildpunkten), Klängen (z.B. durch nicht oder nur kaum hörbare Tonveränderungen) oder auch ganz simpel in gedruckten i-Punkten ("Microdots") zu verstecken, ohne daß überhaupt die Existenz einer solchen Nachricht auffallen würde. Bereits heute gibt es PC-Programme, die auf einfachste Weise Steganographie für Jedermann ermöglichen, bei einem Kryptoverbot würde steganographische Software sicher noch verbessert werden.
Verfassungswidrigkeit
Das vielleicht wichtigste Argument kommt aus den Reihen der Juristen und Datenschützer. Sie "kritisieren das geplante Regulierungsvorhaben als ´verfassungsrechtlich nicht haltbar´", weil es gegen diverse Paragraphen des Grundgesetzes verstoße.
Die CDU und die CSU sind derzeit die einzigen Parteien, die eine Regulierung von Kryptographie in Deutschland befürworten. Die Pläne des Bundesinnenministers Kanther zielen auf eine Verpflichtung zur Hinterlegung der Schlüssel bei einer zentralen Stelle. Gleichzeitig sollen andere Verfahren, die diese staatlichen Abhörmöglichkeiten nicht bieten, verboten werden.
FDP
Der kleine Koalitionspartner in der Regierung ist dagegen anderer Ansicht. Sowohl Bundesjustizminister Schmidt-Jorzig als auch Bundeswirtschaftsminister Rexrodt treten für eine "vollständige Freigabe von Verschlüsselungsverfahren" ein. "Der zuständige Berichterstatter der FDP, Karl-Hans Laermann, hatte unmißverständlich versichert, es werde mit der FDP keine Kryptographieverbote oder -beschränkungen geben."
SPD
Auch die SPD ist gegen eine einschränkende Regeln in der Kryptographiefrage. In einem Interview auf die Haltung seiner Partei hierzu angesprochen, sagte der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss: "Restriktive Regelungen zum Einsatz kryptografischer Verfahren wären verfassungsrechtlich fragwürdig und wirtschaftspolitisch schädlich. So ist die einstimmige Beschlußlage."
Bündnis 90/Die Grünen
Die Haltung von Bündnis 90/Die Grünen ist ähnlich. Laut Manuel Kiper, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, hat seine Partei bereits im Sommer 1995 "einstimmig jede Kryptoregelung abgelehnt".
Aber auch wenn man sich für eine Regelung nach französischem Vorbild entschließt und Kryptographie genehmigungspflichtig wird, ist dies keine gute Wahl. Der Leidtragende ist in diesem Fall beispielsweise der E-Mail-Nutzer, der seine vertraulichen Daten vor neugierigen Augen schützen möchte.
Egal, welche regulierenden Maßnahmen ergriffen werden, Straftäter und kriminelle Vereinigungen könnten in jedem Fall durch das Ausspionieren von Unternehmen oder vertraulicher Daten von Privatleuten Nutzen daraus ziehen, während sie sich selbst durch die Nutzung steganographischer Verfahren unbemerkt einer Überwachung entziehen können.
Meiner Auffassung nach ist jegliche Einschränkung der Freiheit, kryptographische Verfahren zu nutzen, eine verfassungswidrige Einschränkung der persönlichen Freiheit und als solche aufs schärfste zu verurteilen. Ein Kryptoverbot bedeutet eine Kriminalisierung der Bürger und einen unverhältnismäßig hohen Aufwand, wenn es überwacht werden soll, während es einen Schutz vor Kriminellen nur vorgaukelt.
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