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Allgegenwärtiges Computing

Die Universität Potsdam installiert ein Funknetz für verbesserten Internetzugang (5.1.01)
Von Yvonne Zitzmann

Gemütlich auf der Wiese vor der Cafeteria liegen und dem Freund in Hong Kong eine E-Mail schreiben. Oder von der Toilette aus Antworten für die Prüfung erfragen. Das bleibt nicht länger Zukunftsmusik. In den nächsten Monaten werden 40 Funkstationen an den Universitätsstandorten Golm, Neues Palais, Babelsberg und Griebnitzsee installiert. Damit ist auch von bisher unversorgten Hörsälen, Seminarräumen, Gängen, Freiflächen und Cafeterien ein Internetzugang möglich.

„Die Arbeitsweise ähnelt einem schnurlosen Telefon“, erklärt Andreas Schwill, Professor im Bereich Didaktik der Informatik und Multimediabeauftragter der Universität. Die 40 Basisstationen, „größtenteils versteckt in kleinen Besenkammern“, so Schwill, sind etwa buchgroß und senden bei Empfang ein grünes Kontroll-Licht aus. Beliebig viele Nutzer können zugleich die Internetdienste in Anspruch nehmen. Jedoch wird die Ausgangsgeschwindigkeit von 11 Megabit pro Sekunde mit zunehmender Anzahl von Nutzern langsamer. „Es kann zum Problem werden, wenn in einer Vorlesung alle Studenten auf die gleiche Seite gehen sollen“, sagt der Informatikprofessor. Aber gerade hier sollte das Haupteinsatzgebiet des Projektes sein. Bislang gestaltete es sich eher kompliziert, wenn ein Anschluss in den Hörsaal gelegt werden sollte, erinnert sich Schwill.

Der Zugang zum Netz erfolgt mittels einer Karte, die in jedes neuere Notebook passen soll. „Vorläufig haben wir 400 Karten angeschafft“, sagt Schwill. Diese Netzkarten können von Studierenden und Mitarbeitern der Universität gekauft (350 Mark) oder ausgeliehen werden. Über die Verteilung machen sich Schwill und seine Mitarbeiter momentan Gedanken. Wer kein passendes Notebook besitzt, kann dies ebenfalls an der Uni erwerben (2000 bis 3000 Mark).

Erscheint angesichts solcher Preise eine Verbreitung realistisch? „Von der Vorstellung vom armen Studenten muss man sich verabschieden“, glaubt Schwill. Er rechnet mit einer ähnlich großen Welle wie bei den Handys. „Bricht die erst einmal los, gibt es kein Halten mehr“, sagt der 42-Jährige. Die Vorteile des neuen Funknetzes: Lange Wartezeiten an den überfüllten Computerpools entfallen und die Netzkarte kann ohne Nachladen oder anfallende Gebühren verwendet werden. Um Missbrauch vorzubeugen, wird die registrierte Karte beim Ausscheiden von der Universität Potsdam gesperrt.

Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen eines Pilotprogramms. Schwill: „20 Universitäten in ganz Deutschland wurden ausgewählt, in Brandenburg fiel die Wahl auf uns.“ Das Vorbild sei Rostock, wo mittlerweile die gesamte Universität „verfunkt“ ist. „Es gibt dort nur positive Erfahrungen zu verzeichnen“, so Andreas Schwill.

Der Universtätsstandort am Neuen Palais ist bereits mit den Basisstationen versorgt. Bis zum Sommer erfolgt die Ausgabe der Notebooks, vorher können bereits die Karten erworben werden. Dem voran gehen Informationsveranstaltungen an den vier Standorten. Und was kommt als nächstes? Andreas Schwill glaubt an „allgegenwärtiges Computing“. Dazu gehöre ein Toaster mit Internetanschluss ebenso wie Notebooks, die verkleinert von Menschen unter der Haut getragen werden können. Das bereite ihm nach eigenen Worten keine Angst. „Solange es einen Schalter zum Ausstellen gibt“, so der Informatiker.

(Quelle: PNN - Potsdamer Neueste Nachrichten - 07.02.2001)

Benutzer: Gast • Besitzer: schwill • Zuletzt geändert am: