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Philosophen haben nur eine Aufgabe. Sie denken nach. Allerdings müssen Sie, um richtig nachdenken zu können, wenigstens ab und zu etwas Nahrung zu sich nehmen.
So weltfremd, wie es auf den ersten Blick scheint, ist dieses Beispiel gar nicht. Immer, wenn verschiedene Prozesse (veranschaulicht durch die Philosophen) auf gemeinsame Betriebsmittel (veranschaulicht durch die Stäbchen) zugreifen müssen, treten ähnlich Probleme auf. Und es lassen sich an diesem Beispiel drei wesentliche Probleme der Nebenläufigkeit veranschaulichen.
1. Problem
der Verklemmung
Wir nehmen einmal an, alle Philosophen würden gleichzeitig
Hunger bekommen und nach dem rechts von ihnen liegenden Stäbchen greifen.
Natürlich können sie mit einem Stäbchen nicht essen. Sie
warten also auf das zweite. Dieses können sie aber nicht bekommen,
weil es ihr Nachbar in der Hand hat, der ebenfalls wartet. Natürlich
legt kein Philosoph sein Stäbchen aus der Hand, ohne gegessen zu haben.
Der Effekt ist, daß gar nichts mehr geht. Eine Verklemmung ist eingetreten.
2. Organisation des gegenseitigen Ausschlusses in kritischen
Abschnitten
Um die oben beschriebene Verklemmung zu vermeiden könnte
abgesprochen werden, daß immer nur beide Stäbchen auf einmal
aufgenommen werden dürfen. Der Philosoph muß also zuerst nachschauen,
ob auch beide Stäbchen auf dem Tisch liegen und nur wenn das der Fall
ist, darf er sie aufnehmen. Was aber passiert, wenn ein anderer Philosoph
genau zu dem Zeitpunkt, wo der hungrige Philosoph festgestellt hat, daß
beide Stäbchen da sind und das erste in die Hand nimmt, das andere
Stäbchen wegnimmt? Der Zeitabschnitt vom Blick "Ist das erste Stäbchen
da?" bis zum Aufnehmen des zweiten Stäbchens ist ein sogenannter kritischer
Abschnitt, in dem verhindert werden muß, daß ein anderer Philosoph
am Status Quo etwas ändert.
3. Aushungern eines Prozesses
Das kann man in unserem Beispiel fast wörtlich nehmen.
Wenn ein Philosoph vergißt nach dem Essen das Stäbchen wieder
auf den Tisch zu legen, oder während des Essens einen so interessanten
Gedanken hat, daß er über das Denken das Essen vergißt
und deshalb die Stäbchen in der Hand behält, können seine
Nachbarn nicht essen. Denkbar wäre auch, daß sich der linke
und der rechte Nachbar eines Philosophen absprechen, so daß immer
eines der beiden Stäbchen unterwegs ist. Auch dann müßte
unser armer Philosoph verhungern. Also selbst wenn zu erwarten ist, daß
die Bedeutung der Gedanken der Philosophen nicht gleich schwer wiegt, und
der eine oder der andere Philosoph einen gewissen Vorrang eingeräumt
bekommt, muß man ausschließen, daß es am Ende so weit
kommt, daß einer der Philosophen ganz verhungert.
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