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Hans Glöckel "Vom Unterricht"

Ein Medium dieser Art kann dem Schüler die geistige Bewältigung des Sachverhalts erleichtern, weil es eine geistige Vorleistung enthält, weil in ihm die Wirklichkeit bereits im Hinblick auf den Lernenden verändert ist. Medien sind didaktisch präpariert und machen dem Schüler den Zugang zum Gegenstand leichter, oft erst möglich. Sie verbessern die Anschauung, vergrößern, verkleinern, verlangsamen, beschleunigen, isolieren, vereinfachen, typisieren, verdichten auf Wesentliches, scheiden Störendes aus, fügen Hilfreiches hinzu, ermöglichen den Überblick. Sie intensivieren, konzentrieren, strukturieren, perfektionieren den Sachverhalt. Sie können ihn freilich auch verflachen, vergröbern, verniedlichen, verharmlosen, beschönigen, abwerten und so den Lernenden manipulieren.  

Grade der Gegenstandsnähe

Es gibt alle Übergänge zwischen den Polen der größtmöglichen Gegenstandsnähe und der am weitesten gehenden gedanklichen Verarbeitung. Am Beispiel »Kanalschleuse« soll dies verdeutlicht werden:

Der Unterrichtsgang zur wirklichen Kanalschleuse gibt zweifellos den besten Eindruck von ihrer Größe, ihrer landschaftlichen Einbettung, dem dort Jerrschenden Betrieb, der »Atmosphäre«, aber angesichts der Ausdehnung moderner Schleusen schon nicht mehr den vollen Überblick und auch nicht den ganzen Einblick in ihre Funktion mit verdeckten Sparbecken zur Verringerung des Wasserverbrauchs usw.  

Ein Farbtonfilm kann das äußere Leben und Treiben sehr real wiedergeben, schon weniger aber die räumlichen Verhältnisse und die innere Funktion.

Ein fotografisches Bild zeigt den gleichen Eindruck, allerdings ohne Bewegung.

Ein gutes Künstlerbild hebt Wesentliches heraus, gibt die Gesamtatmosphäre eindrucksvoll wieder und ist somit u. U. didaktisch besser geeignet als die Fotografie, enthält aber mehr subjektive Momente als diese.

Ein Modell im Sandkasten gibt die räumlichen Verhältnisse besser wieder als jedes andere Medium, die tatsächlichen Größen aber nur noch mittels Symbolen und die Bewegungsvorgänge überhaupt nicht. 

Ein dreidimensionales Funktionsmodell kann den Vorgang, das »Prinzip« des Schleusens sehr gut klären, aber ihm fehlt die Einbettung in die konkrete Umgebung.

Ein bewegliches Flachmodell kann den Ausgleich der Wasserhöhen sehr deutlich machen, aber nicht mehr Bau und Funktion der Schleusentore.

Eine Tafelskizze leistet Ähnliches, löst den Vorgang aber in eine Reihe von Einzelstadien auf, die in der Vorstellung des Lernenden zu einem kontinuierlichen Vorgang verbunden werden müssen.

Im Symbol, z. B. dem Kartenzeichen, sind nur noch Anschauungsreste vorhanden. Es eignet sich nur zur Bezeichnung einer schon gewonnenen, nicht zur Gewinnung einer neuen Vorstellung.

Gesten können die anderen Medien unterstützen, reichen allein aber nicht aus, um einen angemessenen Begriff der Kanalschleuse zu vermitteln.

Das Wort allein leistet dies ebenso wenig. Andererseits begleitet es alle anderen Medien, keines von diesen kommt ohne es aus. Mit ihm hat es eine eigene Bewandtnis.

Welche Darstellung der Schleuse das »beste« Medium ist, hängt also vom Zweck ab. jedes leistet seinen eigenen und zugleich begrenzten Beitrag zur Vermittlung des Sachverhalts. (Vgl. Haarmann 1974)

Weitere Beispiele

Nur eine Schemazeichnung des Blutkreislaufs vermag das komplizierte Zueinander der vier Herzkamm~rn und zwei Kreisläufe mit dem doppelten Wechsel von venösem und arteriellem Blut deutlich zu machen. Den Blutkreislauf als lebendiges Geschehen zeigt aber der Blick mit dem Mikroskop auf das Gewimmel der Blutkörperchen in den Kapillaren. Beide Darstellungen sind unendlich weit voneinander entfernt und gehören doch zum gleichen Thema, keine kann die andere ersetzen. Ein Bild kämpfender Ritter kann Rüstungen, Waffen und Kampfweise jener Zeit sehr nahe bringen, nur begrenzt aber die seelischen Vorgänge und überhaupt nicht die Motive ihres Kämpfens. Dies vermag allein die Sprache. Eine Landkarte vermittelt räumliche Ordnungen und Größenverhältnisse, nicht aber reale Vorstellungsbilder von Landschaften. Sie müssen anderweitig gewonnen sein, wenn sie durch die Symbole der Karte geweckt werden sollen. Ein historischer Leitfadentext vermittelt Zusammenhänge und Entwicklungen, nicht aber das Handeln und Erleben der damaligen Menschen, ohne das die Zusammenhänge und Entwicklungen gar nicht verständlich wären. Ein erzählender Text zur Geschichte leistet genau dieses. Aber er zeigt nicht die Zusammenhänge, Gründe und Folgen auf. Erst durch diese wird aus Geschichten Geschichte.

c) Medien als Denkhilfen

Die Beispiele haben uns. bereits an die Grenze geführt, an der Medien nicht eigentlich den Unterrichtsgegenstand vertreten bzw. ergänzen, weil dieser in abstrakten Begriffen und gedanklichen Bezügen besteht. Hier sind Medien gleichwohl und gerade deswegen wichtig, weil sie dem Denken konkrete Anhaltspunkte geben, ihm helfen, die Vielheit der Elemente und Beziehungen gleichzeitig im Bewußtsein präsent zu halten, damit der Zusammenhang als solcher gedacht werden kann. Solche Denkhilfen reichen von einfachen Rechenwürfeln, -Stäben, -plättchen, mit denen das Kind schrittweise das Verständnis des abstrakten Zahlbegriffes gewinnt, zu komplizierten Schaubildern über Wirkungszusammenhänge in einem Biotop oder einem geschichtlichen Ereignis. Beurteilungskriterien sind hier nicht Gegenstandsnähe oder -ferne, sondern die sachlich treffende Reduktion auf das Wesentliche und die Übersichtlichkeit der Darstellung. Zugleich gilt bei diesen Medien erst recht, daß sie ohne lebendige Vorstellungen und konkrete Beispiele leere Schemata bleiben, die ein Verständnis oft nur vortäuschen. So kann ohne ein Strukturschaubild der Bundesverfassung der Schüler die Zuordnung der verschiedenen Instanzen beim Weg der Gesetzgebung kaum verstehen; es zeigt ihm aber nicht den Sinn der einzelnen Stadien und schon gar nicht die realen politischen Einflüsse auf das Zustandekommen eines Gesetzes.

Lehrsysteme

Zeitweise hat man große Hoffnungen in »Lehrsysteme« gesetzt. So nennt man umfassend konzipierte Unterrichtsmittel, die den Lernprozeß über längere Zeit ohne Hilfe des Lehrers steuern sollen. Neben umfangreichen Lernprogrammen enthalten sie im »Medienverbund~ auch Bilder, Ton- oder Video-Cassetten, Bilder, Versuchsmaterial u. ä. Sie haben sich aber im Schulunterricht nur begrenzt bewährt. Ihr eigentlicher Anwendungsbereich dürfte das Selbststudium Erwachsener in beruflicher und allgemeiner Fort- und Weiterbildung sein.

Insgesamt besteht eine Tendenz, Funktionen des Lehrers an Medien abzugeben, Damit kann dieser von der allgemeinen Informationsvermittlung und Lernsteuerung entlastet und für andere Aufgaben, insbesondere die individuelle Betreuung freigesetzt werden. Mit dieser Tendenz nimmt aber auch »didaktische Überformung« der Medien zu. Der Lehrer wird zurückgedrängt, durch das Medium in seinen didaktischen Entscheidungen eingeschränkt. Der Lernende wird zwar unabhängiger vom Lehrer, dafür aber um so abhängiger vom Medium, und dieses ist ein weniger flexibler Partner als der Lehrer. Für und Wider sind also im Einzelfall sorgfältig abzuwägen, wenn Medien den Lehrer ersetzen sollen. (Lit. Jeziorskyj 965; Holstein 1965; Gabele 1968; Schiefele/Huber 1969; Schröder 1971; Michael 1973; Weltner 1981)  

1.3.5 Hilfsmittel

Zur Bereitstellung und Präsentation der Medien bedarf es technischer Hilfen von teils einfacher und billiger, teils komplizierter und aufwendiger Art. Auch ihre Auswahl und ihr Einsatz unterliegen der Beurteilung durch bestimmte, theoretisch zu klärende Kriterien.

Solche Kriterien können im engeren Sinne didaktische sein. Ein Farbtonlaufbild, einmal vom 16mm-Film im verdunkelten Raum auf die große Leinwand projeziert, ein andermal im halbhellen 'Zimmer auf dem kleinen Fernsehschirm betrachtet, ist zwar in beiden Fällen dasselbe Medium. Sichtbarkeit, Betroffensein, atmosphärischer Eindruck können aber doch verschieden sein. Dieselben Worte, einmal aus dem Mund des Lehrers, einmal vom Tonband, einmal aus dem Radio kommend, können durchaus verschieden »gehört« werden. Ein Lehrtext, einmal auf dem Bildschirm flimmernd, ein andermal im Schulbuch gelesen, bietet genau die gleichen Informationen. Ergänzende Fragen, hier über das Tastenfeld eingetippt, dort mit der Hand aufgeschrieben, fordern genau den gleichen Denkvorgang. Dennoch kann der Lerneffekt unterschiedlich sein, abhängig z. B. von der Faszination durch das Gerät, der Möglichkeit eigenen Hantierens, der Ablenkung durch äußere Effekte, dem raschen Verschwinden. Zu einem Medium gehört auch der Situationsrahmen, in dem es präsentiert wird. Häufiger und meist wichtiger sind die Kriterien praktisch-organisatorischer Art. Aufbewahrung, Transport, Aufstellung, Handhabbarkeit, Bedienungsleichtigkeit, Störanfälligkeit, Bild-Ton-Qualität, organisatorische Einbettung in den Unterrichtsablauf, Kosten an Geld, Zeit und Umständen, alle diese zunächst »äußeren« Bedingungen können sich auf das »Innere« des Unterrichts auswirken und müssen daher sorgfältig abgewogen werden. 

Die Fülle und Kompliziertheit moderner Hilfsmittel haben zur Entstehung der "Unterrichtstechnologie" als eines eigenen Lehr- und Forschungsbereiches geführt. Von ihr muß der Lehrer jedenfalls so viel verstehen, daß er die Geräte in ihren Einsatzmöglichkeiten beurteilen und sie auch bedienen kann.

1.3.6 Rahmenbedingungen

Nicht behandelt werden hier, obgleich sie im weiteren Sinne durchaus Bedingungsfaktoren des Unterrichts sind, die Fragen der Produktion, Zulassung, Auswahl und Anschaffung von Unterrichtsmitteln, die neben technischen und inhaltlichen auch politische, rechtliche und ökonomische Probleme aufwerfen. Nicht fehlen darf aber der Hinweis auf die gesellschaftlich-kulturellen Rahmenbedingungen, die gekennzeichnet sind durch eine kaum kontrollierte Herrschaft der Massenmedien, Überflutung mit Informationen aus zweiter Hand, Verlust der Primärerfahrung, Gewöhnung, Anspruchssteigerung, Überfütterung etc. All das hat Folgen für die Bereitschaft der Schüler, aus Unterrichtsmedien zu lernen, und damit für die Aufgaben der Schule, Diese darf sich keinesfalls in eine Mengen-Konkurrenz mit den Massenmedien einlassen, in der sie hoffnungslos unterliegen würde. Ihre Chance liegt in einer Kontrast-Konkurrenz, dem gründlichen Verweilen bei ausgewählten Medien, der Hinführung zur Realbegegnung und -erfahrung, daneben auch in der Anleitung zum richtigen Umgang mit außerschulischen Medien. Diese erzieherischen Aufgaben sind Gegenstand der "Medienpädagogik" als eines Tellbereichs der Erziehungswissenschaft, der hier nicht zu behandeln ist. Ebenfalls nicht hierher gehört die neue »informationstechnische Grundbildung« d. h. die Einführung in das Rechnerwesen als Gegenstand des Unterrichts. In unserem Zusammenhang interessiert der Computer nur als Unterrichtsmittel, genauer als Hilfsmittel für die Präsentation von (schriftlichen und bildlichen) Medien mit seinen Vorzügen und Nachteilen. (Lit. Eyferth 1974; Boeckmann 1981; Fr. Ingenkamp 1984; Armbruster 1984; Spanhel 1986; 1987; Issing 1987). Überflüssig erscheint der Begriff »Mediendidaktik<~ für die in diesem Kapitel behandelten Fragen. Diese sind nicht ein Sondergebiet, sondern notwendiger Teil jeder Didaktik, weil es keinen Unterricht ohne Medien gibt.

Kritik

Vielen solcher Untersuchungen könnte man entgegenhalten, daß sie die Frage des Lernerfolgs und seiner Messung nicht kritisch genug reflektieren. Wenn der Lernerfolg in sprachlicher Form erhoben wird, ist es plausibel, daß sprachliche Präsentation ihn mehr verbessert als optische. Wenn man nur nach sachlichen Informationen fragt, braucht man sich nicht zu wundern, daß der Sachfilm bessere Ergebnisse bringt als der Spielfilm. Dieser könnte ja ganz andere Effekte haben, die nur nicht gemessen wurden. Doch entsprechen die in den Versuchen verwendeten Erfolgskriterien in der Regel denen des üblichen Unterrichts, so daß die Ergebnisse für die Praxis durchaus relevant sein können.

Folgerungen

Aus den wenigen Beispielen und vielen weiteren Untersuchungen folgt: Generelle Aussagen über die Überlegenheit bestimmter Medien sind nicht möglich. Entscheidend ist die sachliche und gestalterische Qualität im einzelnen. Der Medieneinsatz läßt sich nur im Hinblick auf den Gegenstand, den Schüler und das Lehrziel beurteilen. Bloß technischer Mehraufwand ist nicht immer rationell. Eine Überflutung mit Informationen und Sinnesreizen kann mehr verwirren als klären. Der Schüler kann in der Regel nur eine Informationsquelle zur gleichen Zeit nützen. Nicht ein Vielerlei rasch wechselnder, sondern die gründliche Auswertung weniger gut ausgewählter Medien verspricht den größeren Lernerfolg. Besondere Bedeutung hat unter ihnen immer noch das Schulbuch als das verbreitetste Unterrichtsmittel. Seine Gestaltung und Verwendung läßt noch viele Wünsche offen. (Lit, Kozdon 1974; Hacker 1980)

In jüngster Zeit ist dem Schulbuch in selbst verfertigten ~Arbeitsblättern~ eine Konkurrenz erwachsen. Sie können hilfreich sein. Oft sind sie aber inhaltlich und formal weit dürftiger als Schulbücher, und es gibt Anlaß, vor ihrer zur Mode gewordenen Überfülle und dem unbedachten Einsatz zu warnen, zumal sie oft eher der Arbeitsersparnis oder -vermeidung als der wirklichen Arbeit am Gegenstand dienen. (Lit. Einsiedler/Schirmer 1986; Schumann 1986; 1987)

Gestaltung und Einsatz einzelner Medien sind nicht unser Thema. Hierfür muß auf die Spezialliteratur verwiesen werden. (Lit. Döring 1973; Kerstiens 1971; Ruprecht 1970; Dichanz/Kolb 1979; fachdidaktische Werke)

1.3.4 Medien als Vertreter des Lehrers

Arbeitsmittel  

Text im Original nicht lesbar

Insbesondere in diesem Jahrhundert bemühte man sich,                 estaltung von Unterrichtsmitteln, die den Schüler ein Stück weit vom L                     ängig machen und ihn so auf späteres selbständiges Lernen vorbereiten. )                        *enig ausgebauten Landschulen, die sich immer nur kurze Zeit einer Alt                          Imen konnten, wollten mit ihrer Hilfe die notwendige Stillarbeit ertragre                 xn. Man nennt sie »Arbeitsmittel«, auch »Selbstbildungsmittel«. Um selbständiges Lernen zu ermöglichen, muß ein Arbe rei Bedingungen erfüllen.

- Es muß inhaltliche Informationen über den Lerngegei                halten;

- es muß Anweisungen zu deren Bearbeitung geben;

- es muß - und das ist unerläßlich - Selbstkontrolle durch den Schüler ermöglichen.

Wo diese Bedingungen nicht erfüllt sind, sollte man nicht von einem »Arbeitsmittel«  sprechen, um den wertvollen Grundgedanken nicht zu verwässern. So mag es anregend sein, wenn heutzutage auch Lehrbücher durch Arbeitsaufgaben angereichert werden. »Arbeitsmittel« sind sie deswegen noch nicht, weil sie in der Regel keine Hilfen zur Selbstkontrolle bieten.

Lernprogramme

Eine besondere Form des Arbeitsmittels ist das Unterrichtsprogramm oder Lernprogramm, wie es seit den sechziger Jahren nach amerikanischem Vorbild eingeführt und anfangs überschätzt wurde, inzwischen aber in das Gesamt der Lernhilfen eingeordnet ist. Ein Unterrichtsprogramm führt den Lernenden in sorgfältig überlegten Einzelschritten, die jeweils eine Information, eine kleine Aufgabe und die sofortige Rückmeldung enthalten, so daß Schwierigkeiten und Fehler vermieden bzw. rasch ausgeräumt werden können. Programme können »linear«, d. h. in einer festgelegten Abfolge der Schritte zu durchlaufen sein, sie können bei »verzweigtem« Aufbau auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Lernenden Rücksicht nehmen und zusätzliche Erklärungshilfen oder Abkürzungen, Anreicherungen usw. anbieten. Mit dem Einsatz des Computers können solche Programme sehr variabel gestaltet werden. Doch entspricht der Stand der »Software« noch nicht überall den technischen Möglichkeiten dieses Gerätes. Gute Programme sind vor ihrem Einsatz an einer repräsentativen Stichprobe systematisch erprobt und solange revidiert worden, bis sie sich als brauchbar erwiesen haben (vgl. 3.2.5a).

d) Folgerungen für den Unterricht

Jedes Medium leistet seinen eigenen, begrenzten Beitrag zur Vermittlung des Unterrichtsgegenstandes. jedes bietet dem Lernenden anderes und fordert andere Leistungen von ihm, keines leistet alles. Medien können und müssen sich ergänzen.  Schon bei der Unterrichtsvorbereitung muß also der Lehrer Leistungsfähigkeit, Aussagekraft und Grenzen der verfügbaren Medien prüfen, die in ihnen enthaltenen didaktischen Vorentscheidungen berücksichtigen, die wechselseitige Ergänzungsfähigkeit und Ersetzbarkeit erwägen, ihre didaktische Funktion und ihren didaktischen Ort festlegen und dabei seine eigene Aufgabe nicht vergessen, jeweils das ergänzend beizutragen, was das Medium selbst nicht leistet. Zur gegenstandsnahen Darstellung fügt er die Begriffe und Zusammenhänge, zur abstrakt-schematischen das konkretlebendige Beispiel, zu einer einseitigen didaktischen Tendenz die ergänzende Relativierung.

Immer bedenkt er, daß in jedem Medium eine »didaktische Reduktion« der Wirklichkeit vorliegt, die notwendig ist, die aber diese Wirklichkeit auch verändert und daher des entsprechenden Ausgleichs bedarf (vgl. 6.3.4).

Zu seinen Aufgaben gehört auch die - leider oft versäumte - Hinführung der Schüler zum Jeweiligen Medium als einem solchen. Nur wenn sie die jeweilige Darstellungsweise des Mediums, die in ihm enthaltene Vorstrukturierung und den Zweck seines Einsatzes im gegebenen Moment verstehen, können sie mit ihm sinnvoll arbeiten und den größtmöglichen Gewinn aus ihm ziehen.  

1. 3.3 Forschungsergebnisse zum Medieneinsatz

Beispiele  

Es gibt zahlreiche empirische Untersuchungen zum Einsatz von Medien. Viele davon sind wenig ergiebig und oft widersprüchlich, da sie die Wirkung von Text, Band, Film o. ä. als solchen feststellen und vergleichen wollen, ohne die inhaltliche Qualität zu berücksichtigen. Es gibt aber auch solche mit brauchbaren, z. T. überraschenden Ergebnissen. (Lit. Ingenkamp 1970; Levie/Dickle 1973; Einsiedler 1978; Weidenmann/Krapp 1986)  

Mohr (1966) erhob kurzfristiges Merken und langfristiges Behalten beim Unterricht über Strom aus der Taschenlampenbatterie in 7./8. Klassen:

Medium  Merken nach 3 Stunden Behalten nach 6 Wochen 
Erklärung mit Tafelskizze (Basiswert)  (Basiswert)  
Erklärung mit Lehrerversuch 12% besser 21 % besser  
Erklärung mit Schülerversuch 25% besser 42% besser  

Weltner/Warnkross (1969) behandelten 3 Physikthemen (Klingel, Motor, Dämmerungsschalter) in 3 verschiedenen Klassen mit 3 verschiedenen Medien, und zwar so, daß jede Klasse jedes Thema und jedes Medium, aber in wechselnden Kombinationen erhielt. Nach 8 Tagen erwies sich der Unterricht mit Schülerexperimenten als mit Abstand am erfolgreichsten, gefolgt von der Lehrerdemonstration und erst zuletzt vom informierenden Unterricht. Nach 8 Wochen war diese Tendenz noch stärker ausgeprägt. Beliebtestes Thema war in jeder Klasse dasjenige, das mit Schülerexperimenten behandelt worden war.

Schrnidkunz (1983) wandte die Ergebnisse der Wahrnehmungspsychologie auf den Aufbau chemischer Demonstrationsexperirnente an. Gesetzmäßige Wahrnehmungseffekte wie Einfachheit, glatte Kurve, Gleichartigkeit, Nähe, Symmetrie, Dynamik von links nach rechts, Figur-Grund-Kontrast usw. vermehren die Prägnanz der Darbietung und erleichtern Auffassung und Verarbeitung.

Auch diese Ergebnisse bestätigen die Erwartungen und werden doch viel zu wenig beherzigt. Wollte man freilich daraus schließen, daß das "anschaulichste" Medium immer das beste sei, so würde man sich täuschen.

Lumsdaine u. a. (1958) verglichen Lernerfolge bei Schwarzweiß- und Farbfilm, Stumm- und Tonfilm, Spiel- und Sachfilm und stellten fest:

Farbe bewirkt nur dort bessere Ergebnisse, wo sie eine spezifische Funktion hat (Z. B. bei Flaggen, Blumen u. ä.), nicht durch eine allgemeine Attraktivität.

Der Kommentar des (gut vorbereiteten Lehrers) zum Stummfilm ergibt bessere Ergebnisse als der Tonfilm.

Die gleichen sachlichen Informationen, einmal in einem Sachfilm, einmal eingebettet in eine Spielhandlung, werden besser verstanden und behalten beim Sachfilm (nach Ingenkanip 1970, 1662, 1674, 1710, 1713).

Salomon (1984) berichtet über Untersuchungen, in denen amerikanische Schüler den gleichen Sachverhalt einmal als Fernsehfilm und einmal als Text lernten. Die Schüler schätzten die Anstrengung beim Text höher ein und glaubten an den höheren Lernerfolg beim Film. Tatsächlich lernten sie mehr, insbesondere was tiefere Verarbeitung und Schlußfolgerungen anlangt, mit dem Text. Zum einen kommt es also auf die Einstellung an: Man setzt sich anders an das »leichte« Fernsehen als an das »anspruchsvolle« Buch. Zum anderen darf ein Medium es dem .Schüler nicht zu leicht machen, es muß eine Aufgabe enthalten (nach Weidenmann/Krapp 1986, 505).

Glogauer (,l 972 a) bot die Geschichte eines Erlebnisses mit einem Tier einmal als Fernsehszene, ein andermal in strenger Anlehnung an diese Sendung als Lehrererzählung. Beide Male ließ er das Ende weg, das von den Kindern produktiv ergänzt werden sollte. Die sowohl statistische als auch stilistische Auswertung ergab, daß die Versuchsgruppe mit der Lehrererzählung besser abschnitt. Ihre Phantasie wurde durch das Wort mehr angeregt als durch das Bild.

Glogauers (1972) Effektivitätsvergleich von anschaulichen Lernprogrammen, Schulfernsehsendungen und Hörfunksendungen, ergänzt durch Ergebnisse anderer Forschung, ergab: Der größere Aufwand für das Fernsehen ist nicht immer effektiv. Insbesondere schwächere Schüler haben Schwierigkeiten, die Informationsfülle zu bewältigen, die Aufnahmekapazität ist begrenzt. Vorbereitung und nachfolgende Aufarbeitung in Handlung und Sprache sind entscheidend für den Lernerfolg.

Nach Thomson (1944) war bei einer Montageaufgabe das stumme Vormachen nicht so erfolgreich wie das Vormachen unter sprachlicher Begleitung (nach Ingenkamp 1970, 1707).

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