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Begriffsbestimmung und Befunde zur Medienwirkung

„Multi-Media" (MM) wird aus informationstechnischer Sicht als Computerprogramm (oder Programmsystem) aufgefaßt, das neben Bild und Text mindestens ein zeitabhängiges Medium (wie Video, Ton, Animation und Simulation) enthält sowie Möglichkeiten zur direkten Beeinflussung der Informationsdarbietung bereitstellt. Aus psychologischer Sicht ist diese technische Definition nicht hilfreich, weil sie die Wahrnehmung und kognitive Verarbeitung der Informationen nicht berücksichtigt. MM kann in psychologischen Begriffen definiert werden als eine vom Lernenden unmittelbar beeinflußbare Computeranwendung, die Informationen durch mehrere Symbolsysteme, d.h. bildlich-analog oder sprachlich-sequentiell, vermittelt und dabei verschiedene Sinne anspricht (Weidenmann, 1995; Hasebrook, 1995b).
Dale (1969) teilte Medien (M) und ihre Lernwirksamkeit in eine „Erfahrungspyramide" ein, an deren Spitze „symbolische M", wie Sprach- und Bildsymbole, stehen; es folgen „ikonische M", wie Foto, Film und Fernsehen, an der Basis der Pyramide befinden sich schließlich direkte Erfahrungen, die beispielsweise aus Rollenspielen, Modellen oder zielgerichtetem Erleben gewonnen werden können. Dale (1969) ging davon aus, daß das Lernen um so leichter falle, je direkter und konkreter die Erfahrung sei. Er bezog sich damit sowohl auf alte pädagogische Konzepte, etwa von Comenius und Pestalozzi, als auch auf zeitgenössische Forschung, die zeigte, daß Schulkinder leichter und besser lernen, wenn man ihnen direkte und lebendige Erfahrungen er-möglicht (z.B. Düker & Tausch, 1957).
Diesen Vorarbeiten Dales folgten verschiedene M-Taxonomien, die Unterrichts-M nach unterschiedlichen Merkmalen klassifizierten und ihnen didaktische Funktionen zuordneten (siehe Issing & Strzebkowski, 1995). Diese an der jeweiligen pädagogischen Praxis ausgerichteten Taxonomien waren zur Erklärung von M-Wirkungen ungeeignet, weil sie Kosten, Zeitaufwand, verwendete Technik und Anwendung im Unterricht beschrieben und nicht die Auswirkungen auf das Lernen.
Wesentliche Grundlagen zur Beurteilung von Lernwirkungen legte Gagne (1987), der vor dem Hintergrund erster kognitionspsychologischer Modelle (Atkinson & Shiffrin, 1968) Bedingungen für den sinnvollen M-Einsatz formulierte: Zunächst müsse Interesse und Lernmotivation geweckt werden, dann die Aufmerksamkeit auf die entscheidenden Inhalte gelenkt werden, danach müßten elementare Verknüpfungen erläutert und ausführlich trainiert werden, aus diesen elementaren Verknüpfungen könne man dann immer kompliziertere Regeln ableiten und dieses Wissen schließlich auf andere Wissensbereiche übertragen. Eine stärker auf MM bezogene Konzeption war Salomons (1976, 1979) „Supplantationshypothese", wonach die Lernwirkung von M um so größer ist, je besser sie diejenigen Denkoperationen verdeutlichten, die der Lernende bei der Lösung eines Problems auszuführen hatte. Supplantation sollte somit die äußere Darstellung dessen sein, was Lernende intern durchführen sollten (—> Aptitude-Treatment-Interaktion', vgl. Issing & Klimsa, 1997). Salomon (1979) untersuchte vorwiegend die Informationsdarstellung in Hörfunk, Film und Fernsehen, beispielsweise Schnitte, Zooms und Kamerafahrten. Er konnte zeigen, daß die verwendete Form der Informationsdarstellung größere Wirkung auf das Behalten hatte als das jeweils eingesetzte Medium, also z.B. Radio, Film oder Fernsehen. Die von Salomon getroffene Unterscheidung in Sinnesmodalität (visuell, akustisch, taktil) und Symbolsystem (sprachlich-sequentiell bzw. bildlich-analog) wird heute in der MM-Forschung allgemein anerkannt; Weidenmann (1995, 260) faßt zusammen: „Demnach sind es weniger die Sinnesmodalitäten, sondern vor allem die Kodierungen, die den Prozeß der Informationsverarbeitung und -speicherung beeinflussen".

Bildwirkungen beim Lernen

Levie and Lentz (1982) faßten 55 Studien, in denen nicht illustrierte mit illustrierten Texten verglichen wurden, in einer —> Metaanalyse zusammen. Keine der Untersuchungen zeigte negative Effekte, die meisten ergaben positive Effekte auf die Lernleistung mit einer durchschnittlichen Verbesserung um ein Drittel. Diese Verbesserung trat jedoch nur für die Informationen ein, die illustrierten Textteilen entstammten; es gab kaum meßbare Auswirkungen auf Inhalte nicht illustrierter Textteile. Rein dekorative Bilder und Photografien zeigten keine Wirkung. Spezielle Abbildungen, wie statistische und mathematische Diagramme, waren generell ohne zusätzliche Anweisungen oder Übungen schwer zu verstehen.
Levin, Anglin und Carney (1987) bezogen 187 Untersuchungen in ihre —> Metaanalyse ein. Danach verbessert der Einsatz von bildlichen Analogien, Vorstellungsbildern und Mnemotechniken die Lernleistung jeweils um rund die Hälfte (—> Gedächtnistraining}. Wiederum ergaben sich die Effekte nur für die illustrierten Textteile, und die Texte durften nicht ohne die Bilder allzu leicht verständlich sein. Der Einsatz dekorativer und zusammenfassender bzw. organisierender Bilder erbrachte keine zusätzlichen Lerneffekte.
Aktuelle Untersuchungen mit Text-Bild-Kombinationen am Computer (Mayer & Anderson, 1991, 1992), beliebig abrufbaren Bildübersichten (Drewniak, 1992), und Bild-Ton-Kombinationen (Rinck & Glowalla, 1995) bestätigen die Ergebnisse: Bildliche Darstellungen können die Lernleistung verbessern, doch hängt der beobachtbare Lerneffekt stark von Inhalt und Schwierigkeitsgrad des Textes, der Bilder und der Fähigkeit und Motivation des Lernenden, die Bilder beim Lernen sinnvoll anzuwenden, ab. Stets beziehen sich positive Lerneffekte eher eng auf die im Bild verdeutlichten Informationen.
Lernwirkungen von Bildern werden oft mit dem „Bild-Überlegenheitseffekt" begründet, wonach die Enkodierung von Informationen mit Hilfe von Vorstellungsbildern stets zu besseren Lernergeb-nissen führt als eine rein sprachliche Enkodierung (Weidenmann, 1994). Ein Modell zur Erklärung dieses Bild-Überlegenheitseffekts ist das Modell der doppelten Enkodierung (Paivio, 1986). Nach diesem Modell werden sprachliche-sequentielle Informationen in Form von Logogenen im Langzeitgedächtnis enkodiert, bildlich-analoge Informationen hingegen in Form von Imagenen. Zwischen semantisch ähnlichen Logogenen und Imagenen können Querverbindungen aufgebaut werden, so daß bei einer doppelten Enkodierung der Abruf von Informationen durch zwei unterschiedliche Gedächtnissysteme unterstützt wird. Ergebnisse einiger Studien zeigen jedoch, daß Text- und Bildinformationen nicht automatisch abgeglichen werden, wie dies das vielfach zur Erklärung von MM-Effekten herangezogene Modell von Paivio (1986) nahelegt. Vielmehr bestimmt das zuerst dargestellte Medium weitgehend, welche Information als „Leitmedium" zum Verstehensprozeß herangezogen wird; man bezeichnet diese Auswirkung der Darbietungsreihenfolge als „Sequenzeffekt" (vgl. Bock, 1983; Weidenmann, 1988). Eine Folge dieses Sequenzeffektes ist beispielsweise, daß animierte Bildübersichten, die auf Textzusammenfassungen folgen, schlechter verstanden werden als solche, die dem Text vorangehen (Hasebrook, 1994 a).

Wirkungen audio-visueller M und MM-Nutzung durch Kinder

Audio-visuelle M sind ein wichtiger Bestandteil aller MM-Applikationen. Film bzw. Video soll das Lernen unterstützen, indem es
(a) die doppelte Enkodierung von Bild- und Textinformationen unterstützt (Paivio, 1986; Mayer, 1989), und
(b) Aufmerksamkeits- und Motivationsanreize durch Lebendigkeit (vividness) bereit stellt (Livingstone, 1990).

Salomon (1984) zeigte, daß selbst Schulfernsehen nicht automatisch zu leichterem oder besserem Lernen führt: Viele Kinder nutzen Fernsehen nur zur Unterhaltung und zur Entspannung; sie waren daher erst in der Lage aus einem Fernsehfilm Nutzen zu ziehen, nachdem sie vom Versuchsleiter aufgefordert worden waren zu zeigen, wieviel sie beim Fernsehen lernen könnten.
Eine Reihe folgender Untersuchungen ergab weitere Bedingungen für den lernwirksamen Einsatz von Filmmaterial: Die Text-Bild-Schere darf nicht zu weit auseinanderklaffen - d.h., Bild- und Textinformationen müssen eng aufeinander bezogen sein; Filmsequenzen, die starke Emotionen hervorrufen - etwa Bilder von Gewalt und Krankheit - haben keine positive Lernwirkung oder interferieren mit bereits Gelerntem; ausschließlicher Einsatz von Filmen bewirkt meist eher geringe Lerneffekte, besser ist der Wechsel zwischen verschiedenen Präsentationsformen (Brosius & Kayer, 1991; Brosius & Mundorf, 1990). In MM-Programmen werden Videos oft als Einstimmung in das Programm oder zur Einbindung von Hinweisen auf Programmfunktionen verwendet. Damit ist ihre Lernwirksamkeit im allgemeinen gering; die Verwendung von Filmszenen, in denen Schauspieler Programmfunktionen erklären, erinnert an die Frühzeit des Kinofilms, in denen Musikuntermalung, Zwischentexte und Kinoerzähler dem Publikum für das noch ungewohnte Medium Einstimmung und Erläuterung boten. Videos und Animationen in Computerprogrammen finden speziell in naturwissenschaftlichen und mathematischen Fächern Anwendung, in denen die Wirkungsweise von teilweise komplexen, technischen Apparaturen dargestellt wird (z.B. Mayer & Anderson, 1991;
1992; Bodendorf, 1990), physikalische Gesetzmäßigkeiten veranschaulicht werden (z.B. Rieber, 1990; 1991; Jonassen & Wang, 1994) und mathematische Probleme graphisch aufbereitet werden (z.B. Reusser, 1993; Jacobs & Schulmeister, 1995).
Stetig steigende Verkaufszahlen von Videospielen und das wachsende Angebot an MM-Spielen für den PC gibt immer wieder Anlaß zur Vermutung, daß Computerspiele bei Kindern die Rolle des Fernsehens abgelöst haben. Neuere Studien zeigen, daß dies nicht der Fall ist: Kinder spielen im Schnitt ein oder zwei Stunden Computerspiele pro Tag, sehen aber rund vier bis sechs Stunden fern (Hoelscher, 1994). Rund zehn Prozent der Kinder nutzen den Computer sehr intensiv, etwa indem sie den Compu
ter selbst programmieren. Weitere zehn Prozent nutzen den PC so gut wie gar nicht. Die am meisten genutzten Computerprogramme sind neben Spielen Mal- und Schreibprogramme,   kaum  jedoch  Lernprogramme (Lukesch, 1989). Eine 1996 durchgeführte Studie des deutschen Instituts für Jugendforschung zeigte, daß die meisten Kinder Computerspiele alleine, also ohne Begleitung durch Eltern oder Gleichaltrige, spielen. Sechzig Prozent der Kinder erhalten von ihren Eltern keinerlei Hinweise und Beschränkungen bei der Nutzung von Computerspielen (zitiert in Multi-Media 3/96).

Evaluation von Multi-Media

Der Versuch, Evaluationsstudien über MM-Applikationen zusammenzufassen, scheitert oft an methodischen Mängeln der Untersuchungen. Dies erfuhren beispielsweise Joliceur und Berger (1986), die drei Forderungen an Studien zur Evaluation kommerzieller MM-Software stellten:
(a) Die Ergebnisse sollten nicht mit denen anderer Programme oder Maßnahmen konfundiert sein.
(b) Der Lernerfolg sollte aufgrund geeigneter Tests angegeben werden.
(c) Der Lernerfolg sollte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe festgestellt werden.
Trotz aufwendiger Suche durch Versandaktionen, Datenbankrecherche und Anfragen im Internet fanden die Autoren lediglich 47 Studien, die zwei Kriterien genügten, und nur zwei Studien, die alle drei Bedingungen erfüllten.
Oft werden in Studien M-Einsatz, Lehrmethoden und eine Reihe von Lernvoraussetzungen gleichzeitig verändert, so daß nachträglich nicht mehr festgestellt werden kann, wodurch der Lernprozeß beeinflußt wurde (Hasebrook, 1995a). Oft werden aber auch triviale Fragen untersucht, wie etwa in der Studie von Lachman (l 989): Der Autor entfernte wichtige Begriffsdefinitionen aus einem Lehrtext und bot diese entweder als Querverweise in einem Hypertext an oder ließ sie für eine Kontrollgruppe einfach weg. Die bessere Lernleistung der Gruppe mit Begriffserklärungen deutet Lachman (1989) unkritisch als Nachweis für die Lernwirksamkeit von Hypertext. Ein anderes Problem verdeutlichen Untersuchungen von Rewey, Dansereau, Skagge, Hall und Pitre (l 989): Die Autoren boten kurze medizinische Sachtexte von etwa 1000 Wörtern Länge einer Experimentalgruppe mit einem DIN-A2-großen Übersichtsbild und einem 20minütigen Training an und einer Kontrollgruppe ohne weitere Hilfestellungen. Trotz dieses enormen Aufwands für einen gerade eine Seite langen Text erzielten die Autoren nur schwache zusätzliche Lerneffekte. Wenn Aufwand und Ergebnis in einem derartigen Mißverhältnis stehen, kann daraus nicht auf die Lernwirksamkeit der eingesetzten M geschlossen werden.

Meta-Analysen zur MM-Forschung

Der oft dürftige Stand der MM-Forschung wird durch eine —> Metaanalyse bestätigt. Kulik, Kulik und Cohen (1980) stellten rund 500 Studien zu sammen, in denen computerunterstütztes Lernen mit traditionellen Lehrmethoden verglichen wurde;
im Schnitt fanden sie eine Lernverbesserung von d = 0,5 (—> Effektstärkenmaße), der sich in gut kontrollierten Studien jedoch nur auf d=0,l bellet. Eine neuere Analyse von Kulik und Kulik (1991) stellte 248 Studien zusammen, von denen nur 94 signifikante Effekte enthielten; die signifikanten Effekte waren positiv für das computerunterstützte Lernen. Die mittlere Effektstärke dieser positiv verlaufenen Studien betrug d = 0,3, ein kleiner Effekt, der sich - bezogen auf alle Studien - noch weiter abschwächt (vgl. Hasebrook, 1995a). Ergebnisse dieser Art sind von verschiedenen Autoren gefunden worden, eine aktuelle Zusammenstellung findet sich bei Schulmeister (1996). In einer Zusammenstellung mehrerer —> Metaanalysen kommen Clark und Craig (1992) zu dem Schluß, daß eher die Instruktionsmethode und gezielte Änderungen der Lernumgebung als die eingesetzten M zu Lernerfolgen führen. Das häufig zur Erklärung herangezogene Modell der doppelten Enkodierung (Paivio, 1986) trägt nach Meinung der Autoren wenig zum Verständnis der Untersuchungsergebnisse bei.
Eine Reihe von Studien hat gezeigt, daß nicht nur allgemein geeignete M-Kombinationen und Instruktionsmethoden verwendet werden müssen, um positive Lemleistungen zu erzielen (—> Instruktionspsychologie). Es ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, daß MM-Programme an die individuellen Fähigkeiten, Erfahrungen und Ansprüche der Lernenden angepaßt werden können (Barba, 1993; Mayer & Sims, 1994). Daraus ergeben sich die Forderungen, zum einen den Lernenden Anwendungs- und Lernstrategien für MM-Programme zu vermitteln und zum anderen die Programme selbst soweit wie möglich an die gegebenen Lernervoraussetzungen und die Bedingungen der Lernumgebung anzupassen (—> Aptitude-Treatment-Interaktion).
Etliche Studien belegen Kosten- und Organisationsvorteile, die vor allem durch den Zeitgewinn von durchschnittlich 30% gegenüber traditionellen Schulungsmethoden und durch den Wegfall von Reisekosten entstehen (vgl. Hasebrook, 1994b). Der Einsatz von MM wurde in 133 US-amerikanischen Schulen in den Jahren 1990 bis 1994 systematisch beobachtet und erfaßt; die Software Publishers Association (1995) faßte die Ergebnisse zusammen und stellte fest, daß sich das Selbstvertrauen der Schüler und die Zusammenarbeit von Lehrern und Schülern verbessert hatte, was sich auch positiv auf die Testergebnisse auswirkte. Boettcher (1993) stellte exemplarisch „10l Erfolgsgeschichten" aus US-amerikanischen Hochschulen zusammen, die ebenfalls vornehmlich von positiven Veränderungen des Kommunikations-und Arbeitsverhaltens berichten.

Integration von Befunden

Abbildung l zeigt ein mögliches Modell zur Integration aller bisher erwähnten Komponenten und Modelle der Verarbeitung von MM-Informationen. Die bisherigen Forschungsergebnisse erfordern die Annahme getrennter Repräsentationsformen für sprachlich-sequentielle und bildlich-analoge Informationen und zudem von übergreifenden Reprä-sentationen, wie beispielsweise mentale Modelle. Eine erste Informationsauswahl und Enkodierung in das Langzeitgedächtnis (—> Arbeitsgedächtnis} führt zum Aufbau einer Text- und einer Bildbasis, die wesentliche Informationen der verarbeiteten Text- und Bildmaterialien enthält {—> Gedächtnistraining', vgl. Paivio, 1986). Nach Weidenmanns (1988) Vorstellung gehen Bildbetrachter zunächst nach dem „Ökonomieprinzip" vor und versuchen, die Bildinformation „auf einen Blick" zu erfassen und als einfache sprachliche Bezeichnung abzuspeichern; natürlich ist es auch denkbar, daß komplexe Textinformationen als einfaches Bild enkodiert werden. Erst durch die Anwendung von Meta-Strategien (z.B. Drewniak, 1992) entstehen durch Inferenz- und Elaborationsprozesse integrierte Gedächtnisrepräsentationen, beispielsweise in Form mentaler Modelle. Diese Modelle können dabei als zusammenfassendes Situationsmodell verstanden werden, als vermittelnde Darstellung zwischen Text- und Bildbasis oder als zumindest in Teilen dynamisches Ablaufmodell (siehe Hasebrook, 1998).
Die Zusammenfassung von Text- und Bildinhalten wird um so wahrscheinlicher, je mehr semantische Ähnlichkeit vorhanden ist. Ihre Bedeutung erhalten die Informationseinheiten nicht allein aus unmittelbar verarbeiteten Informationen, sondern zusätzlich aus aktiviertem Vorwissen, das als sogenanntes Weltwissen verschiedene Formen des deklarativen und prozeduralen Wissens umfaßt (Tulving, 1985). Diese verschiedenen Repräsentationsformen, wie Text- und Bildbasis, existieren nebeneinander und können sich ergänzen. Experimente zum Verstehen räumlicher Beschreibungen belegen, daß Informationen aus der Text- und Bildbasis verwendet werden, um mentale Modelle zu ergänzen, sobald die Aufgabenstellung es erfordert; zuvor in einem mentalen Modell nicht verwendete Informationen aus der Text- und Bildbasis können nachträglich aktiviert werden, wenn ein Perspektivenwechsel oder neu hinzugekommene Informationen dies erfordern (Albrecht & O'Brien, 1993). Dieses Modell stellt einen heuristischen Rahmen dar für die unterschiedlichen Lerneffekte durch MM-Anwendungen in bezug auf individuelle Leistungsunterschiede, etwa bei der räumlichen Wahrnehmung (Mayer & Sims, 1994), in bezug auf Vorwissen und Anwendung von Lernstrategien (Weidenmann, 1994; Drewniak, 1992), in bezug auf Vergleichbarkeit und Angemessenheit unterschiedlich kodierter Informationen (Salomon, 1979) sowie in bezug auf Lerneffekte durch M-Wechsel und Perspektivwechsel (Brosius & Mundorf, 1990).
 
 aus: Handwörterbuch Pädagogische Psychologie / herausgeg. von D.H.Rost / Psychologie-Verlags-Union 1998

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