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5.1 Schematische Übersicht über Veranschaulichungsmittel (HUBER)
Noch nicht von Medien und ihren mehrfachen Funktionen im Unterricht, sondern von bloßen »Mitteln zur Veranschaulichung« mit eben nur dieser einen Funktion ist bei HUBER die Rede. HUBER sieht den Sinn solcher Mittel darin, möglichst »sinnliche Veranschaulichung« des zu lernenden Gegenstandes beim Schüler zu schaffen. Für ihn bildet die »sinnliche Anschauung die Grundlage der geistigen Anschauung« (HUBER 1965, S. 104), mithin die Grundlage des Lernens überhaupt. Seine Auffassung fußt letztlich wohl auf der erkenntnistheoretischen Einsicht KANTS, daß man nur mit Hilfe der Anschauung zu Erkenntnissen gelangen könne (vgl. den EXKURS, S. 388 ff.).
Man würde HUBER falsch verstehen, wollte man aus der Anordnung zugleich eine Rangfolge der Wirksamkeit von Mitteln herauslesen: »Es läßt sich keine Rangfolge der Veranschaulichungsmittel aufstellen.« (S. 106) Welches Mittel jeweils größte Wirksamkeit entfalten kann, ist von der Unterrichtssituation abhängig und kann nur bestimmt werden mit Blick auf den gemeinten Sachverhalt, den es zu lehren und zu lernen gilt, sowie mit Blick auf den Kenntnisstand der Schüler bezüglich dieses Sachverhaltes.


5.2 Matrix zur unterrichtlichen Funktion von Medien (GAGNE)
GAGNE versteht Medien als einen Teil schulischer Lernumwelt. Während der Vorschuljahre »reizen« die Objekte selbst und unmittelbar das lernende Kind und lösen die lernförderliche Auseinandersetzung mit ihm aus. Das Schulkind hat es in der Regel nicht mehr mit unverfälschten und natürlichen Objekten zu tun, sondern mit aufbereiteten. Alle solche für den Unterricht geschaffenen Mittel, deren Funktion darin besteht, Schülern Lernanreize zu bieten, faßt GAGNE als Medien auf.
In einer Matrix unterscheidet er sieben Grundformen von Medien und stellt dar, wofür sie im Unterricht seiner Meinung nach besonders geeignet sind (GAGNE 1969, S. 230):

Funktion        Medien      
  Objekte Demonstration Mündliche Kommunikation Gedruckte Medien Ruhende Bilder Bewegte Bilder Tonfilm  Lehrmaschinen
Reiz-Darbietung Ja  begrenzt  begrenzt  Ja  Ja  Ja  Ja
Lenkung der
Aufmerksamkeit
und anderer
Tätigkeit
nein Ja  Ja  nein  nein  Ja  Ja
Modell der erwarteten Leistung
bereitstellen
begrenzt  Ja  Ja  begrenzt  begrenzt  ja  Ja
Äußere
Hilfen geben
begrenzt  ja  Ja  begrenzt  begrenzt  Ja  Ja
Denken steuern nein  Ja  ja  nein  nein  Ja  Ja
Transfer
veranlassen
begrenzt  Ja  begrenzt  begrenzt  begrenzt  begrenzt  begrenzt
Ergebnisse
überprüfen
nein  ja  ja  nein  nein  Ja  Ja
Rückmeldung
vermitteln
begrenzt  Ja  ja  nein  begrenzt  Ja  Ja

Abb. 60: Unterrichtliche Funktion verschiedener Medien nach GAGNE


Man muß diese Klassifikation als eine von GAGNE überaus subjektiv vorgenommene betrachten. Eine eingehendere und kritische Einschätzung findet sich bei HEIDT (1976, S. 19ff.).    


Dem Lehrer hilft der Kegel bei der Feststellung, wie abstrakt die Lernsituation ist, die das von ihm vorgesehene Material bewirken kann. Er kann daraufhin entscheiden, ob er eine solche - abstrahierende bzw. konkretisierende - Lernsituation verwirklichen möchte, ob gerade sie in der spezifischen unterrichtlichen Situation angebracht ist. DALE bietet dem Lehrer eine weitere Hilfe an, indem er zuordnet, welche Art von Tätigkeit durch das Material vorwiegend bewirkt wird, ob ein »Tun«, ein »Beobachten« oder eine »Versinnbildlichung«:

Abb. 62: Wirkungen der audiovisuellen Materialien in Unterrichts-/Lernsituationen nach DALE


Selbstverständlich bedeutet die Entfernung von unmittelbarer Erfahrung keine Minderung der Lernwirksamkeit des Materials. Welches Material das jeweils geeignetste ist, hängt davon ab, welchen Grad an Konkretheit bzw. Abstraktheit eine Lernsituation haben kann bzw. sollte. Und das ist nur mit Blick auf die betroffenen Schüler und die besonderen Lerninhalte feststellbar. Der »Kegel der Erfahrung« ist keine Abbildung der Wirksamkeit von Medien, sondern eine gute metaphorische Hilfe zur Strukturierung der Medienentscheidung.


Exkurs: Über den Einsatz von Medien im Unterricht - Ein Beitrag zu den Bestimmungen der Medienwahl

l Zur Fragestellung
Es gibt keinen Unterricht, in dem nicht bestimmte Medien eingesetzt werden, so daß für den Lehrer ein wesentliches Problem seiner Vorbereitung des Unterrichts die Frage ist, für welches Medium er sich jeweils entscheiden soll. Die Frage, der wir im folgenden nachgehen wollen, lautet: »Worauf hat der Lehrer bei seiner Entscheidung für den Medieneinsatz besonders zu achten?« Um diese Frage beantworten zu können, muß die Funktion von Medien im Unterricht ermittelt und genauer dargestellt werden; das Wissen um die Grundfunktion von Medien als Verständigungsmittel reicht nicht aus, um dem Lehrer Entscheidungshilfen zu gewähren.
Zur Klärung der Funktion von Unterrichtsmedien soll der Strukturzusammenhang aufgezeigt werden, in dem ein Medium mit den übrigen Momenten des Unterrichts steht. Das kann unter Rückgriff auf das von HEIMANN entwickelte Strukturmodell des Lehrens und Lernens geschehen, das als didaktisches Modell der Berliner Schule bekanntgeworden ist. Es geht von der Voraussetzung aus, daß jeder Unterricht vier Entscheidungen des Lehrers erforderlich macht, und zwar für eine Zielsetzung, einen Inhalt, eine Methode und ein Medium des Lehrens und Lernens, und daß diese Entscheidungen von sozial-kulturellen Voraussetzungen einerseits und von anthropologisch-psychologischen Voraussetzungen andererseits abhängig zu machen sind (HEIMANN 1962). Uns interessiert dabei die Beziehung, in der das Medium jeweils zu den anderen Momenten steht und die als »Interdependenz« aufgefaßt wird. Das heißt, die Entscheidung des Lehrers für den Einsatz eines Mediums ist nicht nur von Bedingungen sozialer und individueller Art sowie von Vorentscheidungen für Intentionen, Inhalte und Methoden abhängig, sondern sie wirkt auch auf diese zurück und macht unter Umständen veränderte Entscheidungen in allen anderen Dimensionen notwendig.
Unsere Ausgangsfrage spitzt sich demnach zu auf die Frage, in welchem Zusammenhang die Medienentscheidung mit den übrigen fünf Momenten des Unterrichts steht. Durch Erörterung der einzelnen Zusammenhänge kann in groben Umrissen geklärt werden, welches die Bestimmungsgründe für die Medienwahl durch den Lehrer sind.


3 Zur Repräsentation von Unterrichtsinhalten durch Medien
Der grundsätzliche Bezug von Medien auf Unterrichtsinhalte wird von HEIMANN auf die Formel »Repräsentation der Unterrichtsinhalte durch bestimmte Medien« gebracht (HEIMANN 1962, S. 421). Dieser Auffassung des Inhaltsbezuges liegt die Einsicht zugrunde, daß Unterrichtsinhalte, wie PETER sagt, im eigentlichen »ideeller Natur« sind (PETER 1954, S. 75). Um dies an einem von ihm angeführten Beispiel zu erläutern: Wenn im Unterricht die »Lüneburger Heide« behandelt wird, so ist nicht die reale Landschaft selbst als ein räumlich Gegebenes Unterrichtsinhalt, sondern die einzelnen typischen Kriterien dieser Landschaft werden als ein »Geflecht von Zusammenhängen« zum Inhalt; dieses »Geflecht« ist keineswegs räumlicher Art und wird deshalb als der »Unterrichtsgegenstand von gedanklichem, ideellem Charakter« bezeichnet (vgl. PETER 1954, S. 76).
Im Unterricht müssen derartige ideelle Inhalte, um gelernt werden zu können, »vergegenständlicht« werden. Dies leisten Unterrichtsmedien, so daß ihre inhaltsbezogene Funktion vorläufig als »Vergegenständlichung« umschrieben werden kann. Nach PETER ist Vergegenständlichung notwendig, um im Schüler eine »Vorstellungsgrundlage« über den jeweiligen Unterrichtsinhalt zu schaffen, da er ihn nur dann im Lernprozeß erfassen kann. Diese Auffassung über die zum Lernen erforderliche Vorstellungsgrundlage geht zurück auf die Erkenntnistheorie KANTS, nach der Erkenntnis nur von solchen Gegenständen möglich ist, von denen man außer einem Begriff auch eine Anschauung hat, und auf die pädagogische Fassung dieser Aussage bei PESTALOZZI, der von der »Anschauung als Fundament der Erkenntnis« sprach.
Anschauung im Sinne KANTS heißt keineswegs »Veranschaulichung« in der Weise, daß Unterrichtsinhalte nunmehr illustrativ und bildhaft dargeboten werden müßten, so daß auch die vergegenständlichende Funktion von Unterrichtsmedien nicht mit Illustration gleichgesetzt werden kann. Das heißt, es geht nicht um Bilder sinnlich-visueller Art, sondern die inhaltsbezogene Funktion von Unterrichtsmedien besteht darin, eine Erfahrungsgrundlage des zu lernenden Inhalts für den Schüler zu legen. Eine Erfahrungsgrundlage für den Schüler zu schaffen bedeutet durchaus nicht nur, ihm Gelegenheit zur direkten Konfrontation und handelnden Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit zu bieten, sondern erfahrbar wird ein Unterrichtsinhalt auch dadurch, daß man frühere Erfahrungen des Schülers erschließen kann. An unserem Beispiel aufgezeigt: Der Schüler muß keinesfalls in die Lüneburger Heide geführt werden, um diese als eine durch besondere Kriterien gekennzeichnete und typische Landschaft zu begreifen. An die Stelle einer solchen, wie in der Mediendidaktik unterschieden wird, »Primärerfahrung« können Formen der »Sekundärerfahrung« treten, wie zum Beispiel Film, Buch, Bilder, Karten usw. In früheren Lernprozessen zum Beispiel hat der Schüler erfahren, in welcher Weise Kartenzeichen die reale Wirklichkeit darstellen, so daß er aus einer Karte auf die wirklichen Merkmale der Lüneburger Heide schließen kann, etwa auf Ausdehnung, Lage, Höhenzüge, Wasserläufe und ähnliches.
Im Unterricht der Gegenwart tritt das Lernen an der Wirklichkeit gegenüber dem Lernen durch Sekundärerfahrungen zurück. Das ist einerseits eine Folge der allgemein zunehmenden Entwicklung und Verbreitung von Medien sowie ihrem unter Rationalisierungsaspekten stehenden Einsatz im Unterricht, andererseits ist der Unterricht geradezu auf Mittel zur Schaffung von Sekundärerfahrungen angewiesen. Da im planmäßigen Lehr- und Lerngeschehen die Wirklichkeit zumeist nicht präsent ist und der Augenblick nicht abgewartet werden kann, in dem sie sich zufällig einstellt, müssen verfügbare Mittel zu ihrer Repräsentation bereitgestellt werden. Unter diesem letzteren Gesichtspunkt entwickelte übrigens bereits COMENIUS im 17. Jahrhundert sein illustriertes Lehrbuch, den »Orbis sensualium pictus«, um seinem Anschauungsprinzip der »autopsia« auch in der Schulpraxis entsprechen zu können.
Um dem Lehrer einen Überblick über Medien-Grundformen und Hilfen für die Medienwahl zu geben, stellt DALE die Formen nach der Wirklichkeitsnähe bzw. -ferne der von ihnen jeweils ausgelösten Lernsituationen in einem »Kegel der Erfahrung« (»cone of experience«) dar. Auf der Basis des Lernens an der Wirklichkeit erhebt sich der Kegel und läuft in einer Spitze des Lernens anhand von abstrakten und symbolhaften Darstellungen der Wirklichkeit aus (DALE 1969, S. 107; vgl. die Abb. 61 und 62 im vorliegenden Buch auf den Seiten 386 und 387).
Dieser Kegel, an dem abgelesen werden kann, in welchem Abstand von der realen Wirklichkeit bestimmte Medien jeweils einen Unterrichtsinhalt repräsentieren, stellt nicht zugleich auch eine Wertskala dar. DALE hat damit auch nicht, wie ROTH in seiner »Pädagogischen Psychologie des Lehrens und Lernens« behauptet, »versucht, die Lernarten und Lernmittel nach dem Grad, wie sie beeindrucken und nicht vergessen werden, in eine Rangreihenfolge zu bringen« (ROTH 1960, S. 308). Die Zuordnung von Medien und Erfahrungssituationen entsprechend deren Abstand von Primärerfahrungen erfolgt lediglich zu dem Zweck, dem Lehrer ein einprägsames Schema medialer Grundformen zu bieten und ihm Unterscheidungskriterien an die Hand zu geben. Wie auch HUBER, der immer noch von »Veranschaulichungsmitteln« spricht, betont: »Es läßt sich keine Rangordnung der Veranschaulichungsmittel aufstellen. Man möchte vielleicht meinen, daß die Wirklichkeit an erster Stelle stünde; das ist meistens, aber durchaus nicht immer der Fall.« (HUBER 1965, S. 106) Aber auch das von HUBER angenommene »meistens« muß bezweifelt werden; man braucht nur an die Komplexität der wirklichen Gegenstände zu denken, die sie - unter dem didaktischen Aspekt von Anschauung - oft unüberschaubar macht und den Schüler in der Begegnung eher verwirrt als ihm eine klare Einsicht verschafft. Wo es beispielsweise um das Erkennen des Arbeitsprinzips eines Verbrennungsmotors geht, wird ein Schnittmodell dem Schüler anschaulichere und klarere Vorstellungen und Erfahrungen vermitteln als der Blick unter die Motorhaube eines Autos.
Die Effektivität eines Mediums hinsichtlich seiner Anschauungsfunktion hängt nicht davon ab, welchen Grad an Wirklichkeitsnähe der von ihm ausgelöste Lernprozeß hat, sondern allein davon, ob es den gemeinten Inhalt sachadäquat repräsentiert. Das wesentliche Prinzip, unter dem im Hinblick auf seine inhaltsbezogene Funktion ein Medium ausgewählt werden sollte, ist das der Isomorphie. Worauf der Lehrer mithin besonders zu achten hat, ist, ob die Struktur eines Mediums möglichst weitgehend mit der des Inhalts übereinstimmt. Wo dies der Fall ist, da wird das Medium eine eindeutige und vom Schüler nicht mißzuverstehende Repräsentation des Inhalts leisten. Wo dies aber nicht der Fall ist, da wird das Medium unklare Vorstellungsgrundlagen schaffen und unter Umständen in den Augen des Schülers etwas ganz anderes darstellen, als vom Lehrer eigentlich gemeint ist. Um das an einem Beispiel zu verdeutlichen: Wo als Unterrichtsinhalt die wirtschaftliche Potenz der USA und der UdSSR im Vergleich behandelt werden soll, da wird der alleinige Einsatz von zweidimensionalen Landkarten mit Sicherheit falsche Vorstellungen über die geographischen Größenverhältnisse schaffen, wenn nicht für diese besondere Frage spezifische Statistiken oder der Globus eingesetzt werden. Ob ein Medium einen intendierten Unterrichtsinhalt möglichst isomorph repräsentiert, kann vor allem durch sorgfältige Prüfung des Mediums selbst festgestellt werden.
Das hängt ab von seiner Form-Qualität. In der inhaltszentrierten Didaktik der Gegenwart wird zumeist außer acht gelassen, daß ein Medium aufgrund seiner besonderen Struktur Unterrichtsinhalte entscheidend beeinflussen und auf diese eine, wie HEIMANN ausdrückt, »modifizierende und lernförderliche oder -hemmende Wirkung« ausüben kann (HEIMANN, 1962, S. 421). HEIMANN verweist auch darauf, daß ein Medium »Inhalte durch seine Form-Qualität überraschend zu intensivieren, zu verfremden, zu akzentuieren, zu entsubstantialisieren und verflüchtigen« vermag (ebd.). Das bedeutet, daß Medienentscheidungen nicht einfach - und gleichsam »en passant« - aus bereits getroffenen Entscheidungen für Unterrichtsinhalte deduziert werden können, sondern sie sind sorgsam auf die jeweiligen Inhalte abzustimmen, wobei in Betracht gezogen werden muß, daß unter Umständen durch Rückwirkungen eine Akzentverschiebung des ursprünglich intendierten Inhalts notwendig wird.
Die Entscheidung für den Einsatz eines bestimmten Mediums unter dem Gesichtspunkt der Repräsentation von Unterrichtsinhalten ist danach zu treffen, ob es, wie FREYHOFF formuliert, den »Inhalt der Sache nach angemessen zur Darstellung« bringt (FREYHOFF 1961, S. 56). Der Lehrer kann eine solche Entscheidung mithin nur fällen, wenn er sie weder ausschließlich als sekundär und didaktischen Appendix der Inhaltsentscheidung noch ausschließlich als meßbar am »Grad ihrer [Verf.: der Medien] internen Perfektion« (FLECHSIG) auffaßt, sondern Medium und Inhalt in ihrer wechselseitigen Bezogenheit sieht und sie aufeinander abstimmt.


An dem bereits dargestellten »Kegel der Erfahrung« von DALE läßt sich veranschaulichen, mit welchen methodischen Grundformen sich Medien optimal verbinden lassen. Nach ihrer konkretisierenden bzw. abstrahierenden Formtendenz ordnet DALE sie in drei Klassen, die zu je besonderen Lernaktivitäten auf selten des Schülers führen (vgl. Abb. 62 im vorliegenden Buch, S. 387):

(1) Direkte Erfahrungen
(2) Zubereitete Erfahrungen
(3) Dramatische Teilnahme
bringen eine TUN mit sich bei abnehmender Unmittelbarkeit
(4) Demonstrationen
(5) Exkursionen
(6) Ausstellungen
(7) Filme
(8) Schulfernsehen
(9) Rundfunk, Schallplatten, Standbilder
bringen ein BEOBACHTEN mit sich bei abnehmender Unmittelbarkeit
(10) Optische Symbole
(11) Verbale Symbole
bringen eine VERSINNBILDLICHUNG mit sich bei zunehmender Abstraktheit

In dieser Dreigliederung läßt sich unschwer die traditionelle Dreiteilung unterrichtsmethodischer Grundformen erkennen. Legt man das Begriffssystem von UHLIG zugrunde, so lassen sich Medien und Methoden - bei vergröberter Tendenz -, wie hier auf Seite 395 dargestellt, einander zuordnen (UHLIG 1953/54, S. 497f.).
Im Rahmen der strukturellen Erörterung des Methodenbezuges von Medien zeigt sich an der vorgenommenen Zuordnung auch sehr deutlich, daß Medien keinesfalls nur Material darbietenden Charakters - im Sinne darbietender Lehrverfahren - sind. Medien sollen nicht nur darbieten und zeigen, sondern sie sollen auch den Lernprozeß des Schülers anregen und diesen aus einem bloß rezeptiven zu selbsttätig produktivem Lernverhalten überleiten. In diesem Sinne spricht NOWAK von der Möglichkeit, durch den Einsatz von Unterrichtsfilmen nicht nur Sachverhalte einsichtig darzustellen, sondern zugleich auch »Hilfen zur Motivierung des Lernens« zu geben (NOWAK 1966, S. 977). LANGEVELD verweist ebenfalls darauf, daß Medien den Schüler nicht zum »Kettengänger der Didaktik« machen sollen, sondern vor allem die »produktive Freiheit des Lernenden« zu fördern haben (LANGEVELD 1956, S. 546). ]
MEDIEN, die mit sich bringen können vorwiegend zusammengehen mit LEHRVERFAHREN können vorwiegend zusammengehen mit LERNVERFAHREN
ein TUN anregender Art  selbständig-produktiver Art
ein BEOBACHTEN anleitender Art geleitet-produktiver Art
eine VERSINNBILDLICHUNG darbietender Art rezeptiver Art


6. Zum Einfluß soziokultureller Voraussetzungen auf Medienentscheidungen  

Die Abhängigkeit der kommunikativen Eindeutigkeit von Medien von soziokulturellen Bedingungen ist in jüngster Zeit vor allem am Beispiel des relevantesten Verständigungsmittels im Unterricht diskutiert worden, an der Sprache. Zahlreiche empirisch gewonnene Befunde lassen den sicheren Schluß zu, daß das Sprachvermögen sich nicht nur aus endogenen Faktoren entwickelt, sondern daß es vor allem durch die Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen geprägt wird. Kinder erwerben jenen Sprachcode, der in dem sozialen Milieu gepflegt wird, in dem sie heranwachsen. Wenn wir alle besonderen Aussagen zu dieser Problematik außer acht lassen, so ist für uns bedeutsam, daß viele Kinder ausschließlich mit einem »restringierten« Sprachcode umgehen können und aus diesem Grade Lernschwierigkeiten haben, da sie den in der Schule praktizierten »elaborierten« Sprachcode nicht beherrschen. Sie sind zum großen Teil nicht in der Lage, die im elaborierten Sprachstil erteilten Lernanweisungen zu verstehen und ihnen Folge zu leisten. Für diese Schüler erfüllt das zur Verständigung zwischen Lehrenden und Lernenden eingesetzte Medium Sprache seine Funktion nicht eindeutig genug. Bei unserer Fragestellung interessiert uns nicht so sehr die in gewissem Rahmen notwendige sprachliche kompensatorische Erziehung, obwohl wir von der großen Bedeutung der Sprache als relevantestem Kommunikationsmittel im schulischen Unterricht auch eine solche Notwendigkeit begründen könnten: Damit Sprache ihre Verstän­digungsfunktion für alle Schüler eindeutig erfüllen kann, muß sie für einen Teil der Schüler zuvor zum Inhalt des Unterrichts werden. Viel mehr interessiert uns, daß der Lehrer bei seiner Medienwahl zu bedenken hat, daß die Eindeutigkeit von Verständigungsmitteln funktional abhängig ist von soziokulturellen Bedingungen, und zwar vorwiegend von solchen, die den Kommunikationsstil der am Unterricht beteiligten Personen prägen. Im extremen Fall sind derartige Bedingungen immer schon berücksichtigt worden. So wurde bis vor etwa 25 Jahren der Anfangsunterricht in einigen ländlichen Schulen Ostfrieslands teilweise auf »Platt« erteilt, weil viele Schüler bei ihrem Schuleintritt nur diese Sprachform beherrschten. Aufgrund der unterschiedlichen Sprachcodes wäre der gleichrangige Einsatz verschiedener Medienformen im Unterricht sicherlich ein Weg, um für alle Schüler einer Klasse hinsichtlich der Verständigung und dem damit verbun­denen Lernerfolg weitgehend gleiche Chancen zu schaffen. Soziokulturelle Entwicklungen haben dazu beigetragen, daß das Isomorphie-Prinzip im schulischen Unterricht immer umfassender und angemessener aktualisiert werden kann. Durch den Film beispielsweise ist es ermöglicht worden, sachadäquate Einsichten in Tatbestände mit Bewegungsabläufen zu vermitteln; Farbe und Ton ermöglichen es, Bewegungsabläufe in optisch und akustisch angepaßter Weise zu repräsentieren, wenn dies vom intendierten Inhalt her notwendig wird. Soziokulturelle Einflüsse bedingen somit wesentlich die grundsätzliche Verfügbarkeit über isomorphe Mittel.  Ob isomorphe Medien zur Verfügung stehen, hängt einerseits ganz fundamental davon ab, ob entsprechende Mittel schon erfunden und entwickelt sind. Durch die Erfindung des Buchdrucks zum Beispiel wurde es möglich, das Buch zu einem gebräuchlichen Unter­richtsmedium zu machen. Ohne diese Erfindung wäre die Didaktik des COMENIUS undenkbar, da sie weitgehend auf das illustrierte Lehrbuch als ein Mittel zur Veran­schaulichung angewiesen war. Andererseits hängt die Verfügbarkeit isomorpher Medien vom Grad ihrer Verbreitung ab, was zweifellos unter anderem sozioökonomisch bedingt ist, und zwar sowohl von den Herstellungskosten als auch von den durch zuständige Stellen aufgewandten finanziellen Mitteln her. SCHORE verweist darauf, daß der Film vor allem deswegen heute ein »alltägliches Hilfsmittel des Unterrichts« geworden ist, weil eine gut aufgebaute Verteilerorganisation ihn an alle Unterrichtsstätten heranführt (SCHORE 1965, S. 15).  

Die »Wirksamkeit des Medieneinsatzes« hängt von der Attraktivität eines Mediums ab, diese unter anderem ihrerseits, wie W. SCHULZ formuliert, von dem »Prestige«, das ein Medium jeweils bereits im außerunterrichtlichen Raum besitzt (Schulz 1965, S. 36). Zur Zeit erfreut sich das Fernsehen in allen Bevölkerungsschichten einer großen Beliebtheit, und es zieht auch im Klassenraum - sobald das Gerät nur aufleuchtet - die Aufmerksamkeit der Schüler auf sich. Das Prestige von Medien wandelt sich fortwäh­rend, so daß auch die Medienentscheidungen des Lehrers die gewandelten Einstellungen einbeziehen müssen, wenn sie nicht einerseits geradezu anachronistisch erscheinen

Faßt man die Erörterungen über die soziokulturelle Bedingtheit von Medienentscheidungen zusammen, so ist zu sagen:  

* Erstens hat der Lehrer zur Feststellung, der Unmißverständlichkeit von in Frage kommenden Medien immer auch die milieubedingte Fertigkeit der Schüler im Umgang mit den Kommunikationsmitteln zu berücksichtigen.
* Zweitens muß er im Hinblick auf die sachangemessene Repräsentation intendierter Inhalte den Anschluß an die gerade zur Zeit explosive Entwicklung neuer Medienfor­men behalten und seine Entscheidungen durch den ständigen Ausbau von Lehrmittel­sammlungen vorbereiten.  
* Drittens darf er den außerschulischen Umgang seiner Schüler mit modernen Medien nicht aus dem Blick verlieren oder gar ignorieren und muß um ständige Entrümpelung von Lehrmittelsammlungen bemüht sein (Spielfilme, die im Schulmilieu spielen, bedienen sich für ihre komischen Gags vorzugsweise rumpelkammerartiger Lehrmit­telräume!).
* Vor allem aber sollte jeder Lehrer die Medienangebote von Verlagen usw. kritisch prüfen, ob sie überhaupt noch den gegenwärtigen soziokulturellen Bedingungen, soweit sie sich auf den Unterricht auswirken, entsprechen.

7 Zum Einfluß anthropologisch-psychologischer Voraussetzungen auf Medienentscheidungen
Als lernfördernde oder lernhemmende - und mithin bei allen didaktischen Entscheidungen zu berücksichtigende - Faktoren anthropologisch-psychologischer Art sind solche anzusehen, die durch die am Unterricht beteiligten Personen, Lehrer und Schüler also, eingebracht werden. Dabei kann es sich um persönliche oder entwicklungsbedingte Merkmale handeln oder um Vorkenntnisse und Fertigkeiten, die den Lern- und Lehrstatus kennzeichnen.
Wie die Medienentscheidungen von solchen Faktoren abhängen, kann am besten an extremen Fällen verdeutlicht werden. So machen etwa psycho-physische Mängel, wie zum Beispiel Blindheit oder Taubstummheit, von vornherein den Einsatz visueller oder auditiver Medien unmöglich. Statt der normalen Sprache sind für den Unterricht mit Blinden und Taubstummen spezielle Medien erforderlich, wie die »Blindenschrift« (Braille) und die »Fingersprache«. Unter dem Gesichtspunkt der Anpassung von Medien an den Entwicklungsstand der Schüler verlangte beispielsweise B. OTTO, daß die Unterrichtssprache der jeweiligen »Altersmundart« zu entsprechen habe.
Wie sehr ein bestimmter Lernstatus sich auf die Medienwahl auswirken kann, zeigt sich an folgendem Beispiel: Im heimatkundlichen Unterricht eines 3. Schuljahres einer norddeutschen Schule wurden Karten benutzt, auf denen der Marschengürtel grün, der Geestrücken gelb und Moorgebiete braun dargestellt waren. In diesem Schuljahr lernten die Schüler zugleich, daß Marsch fruchtbarer Boden, Geest weniger fruchtbarer und Moor unfruchtbarer Boden ist. Sie gewöhnten sich daran, die Symbolfarben der Karte mit den Bodenarten zu identifizieren. Als im 4. Schuljahr Atlanten eingeführt wurden, werteten die Schüler die Farben Grün, Gelb und Braun nicht wie im Atlas verwendet, nämlich als Darstellung von Höhenlagen, sondern sie verstanden sie als Symbole für die Bodengüte. Aufgrund des Lernstatus der Schüler (hier in falsche Richtung gelenkt durch ein falsch konzipiertes Medium) war es mithin nicht möglich, den Atlas mit seinen Karten ohne weiteres als ein eindeutiges und unmißverständliches Medium im Unterricht zu benutzen. Bevor das geschehen konnte, mußte der Lernstatus der Schüler verändert werden. Wie SCHULZ formuliert, um den »Vertrautheitsgrad in der Benutzung des Mediums« zu heben bzw. herzustellen, mußte zuvor das Medium selbst zum Unterrichtsgegenstand werden (SCHULZ 1965, S. 35).
Ob ein Medium seine kommunikative Funktion im Unterricht eindeutig erfüllen kann, hängt unter anderem wesentlich davon ab, wieweit die Schüler aufgrund ihrer psycho-physischen Konstitution bereits imstande sind, es richtig einschätzen und gebrauchen zu können. Weitgehend vom Lernstatus der Schüler ist auch abhängig, welches Medium zur isomorphen Repräsentation von Sachverhalten in Frage kommt. Eine sachadäquate Vergegenständlichung von Lerninhalten kann auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen erfolgen und durch unterschiedliche Medienformen geleistet werden. Für welche Ebene und welche Form der Lehrer sich entscheidet, hängt maßgeblich vom Erfahrungsstand der Schüler ab. Wo beispielsweise im Unterricht eines 9. Schuljahres die Bedeutung des Suezkanals für den Welthandel erörtert werden soll, da kann unter Umständen auf, den Einsatz von illustrierenden Bildern und Landkarten verzichtet werden. Statistiken mit Zahlen und grafischen Darstellungen - nach DALE zu den Medienformen mit höchster Abstraktionstendenz zählend - reichen eventuell aus, um den Sachverhalt »anschaulich« vorzustellen, und zwar dann, wenn die Schüler über ausreichende Erfahrungen zum Thema Suezkanal bereits verfügen, wenn sie zum Beispiel aus dem früheren Unterricht Kenntnisse über Lage, Verlauf usw. des Kanals haben sowie Fertigkeiten im Umgang mit Statistiken besitzen. Den Grundsatz der Isomorphie zu befolgen bedeutet nicht unbedingt, stets solche Medienformen einzusetzen, die eine besonders starke konkretisierende Tendenz haben und eine große Wirklichkeitsnähe der Erfahrung ermöglichen. Unter Ausnutzung früher gemachter Erfahrungen kommt es darauf an, isomorphe Mittel einzusetzen, die am wenigsten zeitraubend und aufwendig und mithin unterrichtsökonomisch vertretbar sind.
Ob ein Medium attraktiv erscheint und die Aufmerksamkeit der Schüler erweckt, kann letzten Endes nur im Hinblick auf bestimmte Schüler beurteilt werden. Von der Mentalität eines Schülers zum Beispiel hängt es ab, ob er sich lieber mit einem Buch oder mit einer Bildreihe beschäftigt, ob er sich Medien gegenüber eher passiv oder aktiv eingreifend verhält. Außerdem wird die Attraktivität von der Vertrautheit im Umgang mit Materialien bestimmt: Für manchen Schüler ist ein Medium reizvoll, das ihm geläufig   i ist, mit dem er sich gerne immer wieder erneut beschäftigt, weil er es beherrscht; für manchen anderen hingegen mag der häufige Umgang zu einer Abstumpfung führen und das Medium seinen Reiz verlieren. Die Frage nach der notwendigen Attraktivität kann nicht generell, sondern vom Lehrer jeweils nur situativ entschieden werden, wobei insbesondere die je spezifische Einstellung der Schüler zu bestimmten Medienformen zu berücksichtigen ist. Zusammenfassend läßt sich zur anthropologisch-psychologischen Bedingtheit von Medienentscheidungen sagen:

*    Erstens hat der Lehrer, um Medien von kommunikativer Eindeutigkeit auszuwählen, die psycho-physische Konstellation und den Lernstatus der Schüler zu berücksichtigen.

*    Zweitens sollte er das Isomorphie-Prinzip immer auch in einem unterrichtsökonomisch vertretbaren Rahmen durch Einbeziehung des Erfahrungsstandes der Schüler zu verwirklichen suchen.

*    Drittens kann er die Attraktivität bestimmter Medien nicht an seinem eigenen Enthusiasmus, sondern ausschließlich an der Einstellung der Schüler messen.


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