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17.02.99
Wirtschaft
 

Fachkräftemangel: Informatiker sind dringend gesucht

Trotz Zahlung von Spitzengehältern bekommen viele Unternehmen nicht genügend junge Mitarbeiter

Vor vielen Jahren schon hat sich der Arbeitsmarkt in einen Käufermarkt verwandelt. Unternehmen als Käufer der Ware Arbeit diktieren die Bedingungen, unter denen es zum Vertragsabschluß kommt. In der Informationstechnologiebranche hat sich dieses Verhältnis ins Gegenteil verkehrt. ÑWir zahlen Spitzengehälterì, gibt Frank Riemensperger, Partner und Recruitingverantwortlicher bei Andersen Consulting, Sulzbach/Taunus, unumwunden preis. Die Zahlung von ÑHandgeldernì ? das sind Einmalzahlungen bei Vertragsabschluß ? sowie die Stellung eines Firmenwagens sind insbesondere im Beratungsbereich nicht unüblich. Bei den Herstellern von informationstechnologischen Produkten Ñstellt sich die Situation etwas anders darì, so ein Sprecher von der SAP AG, Walldorf. Ein zur Beratungsbranche vergleichbarer Wettstreit über monetäre Anreize habe Ñzum Glückì noch nicht eingesetzt. Dennoch befinde man sich bei den Jahresgehältern für Einsteiger mit 72 000 bis 85 000 DM Ñnicht gerade im unteren Bereichì.

Freilich läuft die Anbindung eines Arbeitnehmers in einer Branche, in der zwei bis drei Jahre in ein und demselben Unternehmen eine lange Zeit bedeuten, nicht nur über direkte finanzielle Zuwendungen. Bei Viag Interkom, München, wo ebenfalls großer Bedarf an IT-Fachkräften besteht, profitierten die Mitarbeiter von einem umfangreichen Sozialleistungspaket, von der Unterstützung des Unternehmens bei Fortbildungsmaßnahmen und von Mitarbeiterrabatten, so Personalreferentin Claudia Sieland. Für den Nachwuchs von Andersen Consulting ist laut Riemensperger langfristig die Partnerschaft der Anreiz. Um eine Ñstrukturierte Entwicklungsperspektiveì zu geben, werde für jeden Mitarbeiter ein auf fünf Jahre angelegter Trainingsplan erstellt und immer wieder angepaßt, der die kürzerfristigen Karriereziele setze. Dieses kann etwa die Leitung eines attraktiven Projektes oder die Einnahme einer bestimmten Führungsposition sein.

Hohes Anforderungsprofil

Um in den Genuß all dieser Fürsorge zu kommen, muß der Nachwuchs der IT-Branche freilich auch einem bestimmten Anforderungsprofil genügen. Der typische Wunschkandidat der Unternehmen ist der studierte Wirtschaftsinformatiker mit betriebswirtschaftlichem Know-how. Gerne gesehen sind auch Physiker oder Mathematiker, die Kenntnisse in Anwendungsprogrammierung besitzen; schließlich noch Betriebswirte, die fit in informationstechnologischen Belangen sind. Nach Möglichkeit sollten die Betreffenden ihr Studium zügig und mit einem guten Abschluß beendet haben. Wichtig ist für Unternehmen wie SAP oder Andersen Consulting auch die soziale Kompetenz, da Programmentwicklung oder IT-Beratung häufig als Teamarbeit konzipiert sind.

Angesichts dieses Anforderungsprofils bleibt nur eine kleine Anzahl von Bewerbern übrig, die den Ansprüchen der Unternehmen genügen. Diese Tatsache setzt den Wachstumsmöglichkeiten der Firmen enge Grenzen. Dennoch sei man nicht bereit, die Ansprüche herunterzuschrauben, betonen die Sprecher einstimmig. Bisher ist es zumindest den großen, imageträchtigen Firmen auch immer noch gelungen, ausreichend Mitarbeiter zu finden. ÑEs wird aber wesentlich härterì, meint Riemensperger, Ñund wir müssen uns viel mehr anstrengen.ì

Dementsprechend findet die Suche nach potentiellen Bewerbern im Bereich der Informationstechnologie inzwischen zum großen Teil jenseits des traditionellen Stellenmarktes statt. Der SAP-Sprecher bezeichnet die Aktivitäten seines Unternehmens als ÑGemengelageì: Von Anzeigen in Printmedien über die Zusammenarbeit mit professionellen Personalberatern bis hin zur Kontaktsuche mit Hochschulen oder gar einzelnen Fachbereichen und Lehrstühlen läßt die Softwarefirma keine Option aus. Über Ausstattungsaktivitäten von PC-Labors an Universitäten besitze man gute Kontakte zu Professoren, deren Lehrstühle bei der Kandidatensuche schon mal behilflich sein könnten. Andersen Consulting ist an über 30 Universitäten aktiv; in Vorlesungen oder Karriereberatungen sucht das Unternehmen den ersten Kontakt zu Studenten schon viele Semester vor deren Abschluß.

Suche über alle Kanäle

Geradezu prädestiniert für die IT-Branche ist natürlich die Bewerbersuche über das Internet. Claudia Sieland meint, daß Ñ20 Prozent oder mehr Bewerbungen darüber laufenì. Auf der Internetseite von Viag Interkom finden Interessierte für den Bereich ÑNetzwerkì 51 Stellenangebote, für ÑInformationssystemeì 23. Zum Vergleich: Für die Tätigkeit im ÑEinkaufì oder in der ÑAdministrationì werden vier beziehungsweise sechs Stellen offeriert. Bei anderen Firmen sehen diese Verhältnisse ähnlich aus.

Über das Internet oder die Hochschule kommt es freilich nur zu einem ersten Kontakt. Anschließend laden viele Unternehmen potentielle Kandidaten zu sogenannten Recruitment-Workshops oder Assessment-Center ein. Bei diesen ? für die Unternehmen recht kostspieligen ? Veranstaltungen müssen die Bewerber ihre Kreativität und ihr Wissen unter Beweis stellen, haben aber auch die Möglichkeit, den eventuellen Arbeitgeber besser kennenzulernen. Für einen kleinen Prozentsatz der Recruitingteilnehmer münden derartige Veranstaltungen schließlich in eine Anstellung ? mit entsprechendem Gehalt.
 

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